Neu im Kino

Komödie ohne Sinn für Humor

Die Schauspielerinnen Nadja Uhl (l-r) mit Filmhund Dr. Freud, Hannelore Elsner, die Regisseurin Doris Dörrie und die Schauspielerin Natalia Avelon auf der Premiere von "Alles Inklusive".
Nadja Uhl (l-r) und Hannelore Elsner, die Regisseurin Doris Dörrie und Natalia Avelon auf der Premiere von "Alles Inklusive". © dpa / picture alliance / Ursula Düren
Von Anke Leweke · 05.03.2014
Im neuen Film von Star-Regisseurin Doris Dörrie geht es um den Konflikt zwischen einer Hippie-Mutter und ihrer Tochter. Leider entwickelt Dörrie keine Sympathie für ihre Figuren - sie führt sie eher vor.
Über die Komödie heißt es, dass ihre Helden und Heldinnen unsere kleinen und großen Sorgen auf sich nehmen, um unsere Schwierigkeiten im Leben und Alltag in manchmal komischen, manchmal auch erkenntnisreichen Momenten zu beschreiben. Wir lachen also letztlich über uns, unsere Schwächen und Macken. Nur bietet die deutsche Komödie uns leider allzu selten diese Möglichkeit. Lieber lacht sie ihre Figuren aus.
Auch Doris Dörrie entwickelt in ihrem neuen Film kaum Sympathie für ihre Figuren, sie führt sie eher vor. Das fängt schon bei den Namen an. Nadja Uhl heißt Apple, weil ihre von Hannelore Elsner gespielte Hippie-Mutter den Namen lustig fand. Ohnehin leidet Apple immer noch an ihrer antiautoritären Erziehung, an ihrer Mutter Ingrid, die nie erwachsen werden konnte, die sie bis heute durchfüttern muss. Diesem Leiden geht Dörrie nicht nach, sondern stellt es mit vermeintlich lustigen Situationen aus.
Sex mit Peitsche - sollen wir darüber lachen?
Apple trägt eine große Brille, die ihr hübsches Gesicht verbirgt. Ihr bester Freund ist ein stoischer Mops. Wenn sie ein Date mit einem Mann hat, labert sie ihn voll. Und dann will er nicht nur Sex, sondern Sex mit Peitsche und Hundehalsband. Sollen wir wirklich über Apple mit der Schlinge um den Hals lachen? Und was soll das Hippie- und 68er-Bashing, wenn der Film und seine Regisseurin letztlich keine Haltung dazu entwickeln?
Wenn es nach Spanien geht, wo Apple ihre Mutter nach einer Hüftoperation zur Erholung hingeschickt hat, betrachtet die Kamera von oben den dortigen Massentourismus, fährt naserümpfend die verfetteten Reihen von Touristen ab, die sich beim Frühstücksbüffet die Teller meterhoch beladen. Marmelade trifft auf Tortilla oder "Alles inklusive". Und weil es das knirschende Drehbuch so will, wird Elsner dort von ihrer Vergangenheit eingeholt. Plötzlich steht der Sohn ihrer großen Liebe vor Ingrid, der ihr bis heute den Selbstmord der Mutter vorwirft.
Und dieser von Hinnerk Schönemann gespielte Sohn ist die einzige berührende Figur in diesem Film. Seine Trauer hat ihn zu einem Menschen werden lassen, der nicht mehr weiß, ob er sich als Mann oder Frau fühlt, dieses Hin und Her zwischen den Geschlechter jedoch konsequent auslebt. Doris Dörrie lässt Tim / Tina einfach sein / ihr Geheimnis. Schließlich laufen am Ende im fernen Süden beim Sonnenuntergang alle Handlungsstränge aufs Biederste und Konventionellste zusammen. Olé!
Alles inklusive

Deutschland 2014, 123 Minuten; Darsteller: Hannelore Elsner, Nadja Uhl, Hinnerk Schönemann, Axel Prahl