Neu im Kino: "HERRliche Zeiten"

Satire mit viel Effekt und wenig Haltung

Oliver Masucci (M.) in der Rolle des Claus Müller-Todt in dem Film "HERRliche Zeiten"
Oliver Masucci (M.) als Schönheitschirurg Claus Müller-Todt in "HERRliche Zeiten" von Oskar Roehler © 2018 Concorde Filmverleih GmbH
Von Anke Leweke · 03.05.2018
"HERRliche Zeiten" sorgte schon vor dem Kinostart für Aufregung: Weil der Autor der Romanvorlage Thor Kunkel wegen seiner Nähe zur AfD umstritten ist. Oskar Roehlers satirische Verfilmung bleibt im Ansatz stecken, meint unsere Kritikerin – trotz der wunderbaren Darsteller.
Oskar Roehler wäre allzu gerne das "enfant terrible" der deutschen Kinoszene. Er sucht die Provokation, liebt die Überschreitung und Überhöhung. Seine Helden leiden an Sexsucht ("Elementarteilchen", "Der alte Affe Angst"). Seine Filme sind hemmungslos persönlich, er arbeitet sich an der 68er-Vergangenheit seiner Eltern Gisela Elsner und Klaus Roehler ab ("Die Unberührbare").
Und tatsächlich mischte Oskar Roehler das deutsche Kino mit seinen filmischen Exzessen Anfang des Jahrtausends mächtig auf.

Worum es geht:

Nun hat sein neuer Film schon im Vorfeld für Aufregung gesorgt, die mit Thor Kunkel, dem umstrittenen Autor der Romanvorlage "Subs", zu tun hat. In Interviews betont Oskar Roehler, dass er die Filmrechte bereits erworben habe, bevor der Autor seine Nähe zur AfD kundgetan hat (u.a. organisierte Kunkel die AfD-Werbekampagne "Bikinis statt Burka"). Dass es der Romanstoff gewesen sei, der ihn fasziniert habe.
Wenn man sich Roehlers überdrehte Filmografie anschaut, dann kann man erahnen, was ihn an Thor Kunkels Romanvorlage "Subs" gereizt haben mag. Es ist die Variation des Herr-und-Knecht-Themas: Es geht um ein neureiches Ehepaar in Berlin-Grunewald, das lernen soll, sich bedienen zu lassen, zu herrschen. Lehrer der beiden ist der gerade frisch eingestellte Butler, der mit seiner Frau die Villa in ein Luxusresort verwandelt.

Das Besondere:

Tatsächlich beginnt der Film wie eine böse Satire auf eine gesellschaftliche Schicht, die gerne mit Geld um sich wirft. Wunderbar sind die Auftritte von Oliver Masucci als Schönheitschirurg. Mit rheinischem Akzent und Anzügen in grellen Farben gibt er die Karikatur eines Menschen, der sich ausschließlich über den Luxus, den er sich leisten kann, definiert - und der in seiner Villa dennoch wie bestellt und nicht abgeholt wirkt.
Wunderbar auch Katja Riemann als Ehefrau, die als Gartenarchitektin ihre Kreativität ausleben will, doch vom eigenen Reichtum seltsam gelähmt scheint. Und dann ist da noch der Butler Bartos (Samuel Finzi), der die Unterwerfung regelrecht predigt. Dessen Stimme so unterwürfig ist, dass seine Figur etwas Perfides bekommt - was hat er für einen Plan? Und wartet der Knecht nicht stets auf den Tod seines Herrn?

Die Bewertung:

Doch die in dieser Grundkonstellation angelegte Gesellschaftssatire bleibt im Ansatz stecken. Das hat mit der Regie zu tun, die nur auf Effekt aus ist. Kaum eine Szene entwickelt einen denkwürdigen Nachhall.
Da feiert der Nachbar, Sohn eines arabischen Scheichs, eine Orgie im römischen Stil. Die Dekadenz liegt jedoch alleine in der Ausstattung. Natürlich braucht es Sexszenen, deshalb muss der Chirurg mit der Frau des Butlers ins Bett steigen.
Die bulgarischen Arbeiter, die einen Swimmingpool bauen sollen, werden nicht für ein politisches Statement jenseits der Handlung missbraucht, dafür aber von der Dramaturgie des Films. Letztlich bekommt man es mit einem Film zu tun, der keine Haltung zu seinem Sujet entwickelt. Grenzüberschreitungen und Provokationen brauchen aber einen Standpunkt, von dem aus man seine Angriffe starten kann.

HERRliche Zeiten
Deutschland 2018 – Regie: Oskar Roehler, Darsteller: Oliver Masucci, Katja Riemann, Samuel Finzi, Liza Fern - 110 Minuten, ab 16 Jahren

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