Neu im Kino: Dokumentarfilm "Ghostland"

Wenn Nomaden zu Besuch in Deutschland sind

Ein Ju/Hoansi blickt auf Frankfurt am Main.
"Was für eine verrückte Welt ist das", sagt ein Ju'/Hoansi beim Blick auf Frankfurt/Main. © Cameleon Filmproduktion / Simon Stadler
Simon Stadler im Gespräch mit Julius Stucke · 01.11.2017
Weit weg von unserer modernen Welt lebt der Nomadenstamm der Ju'/Hoansi in Namibia. Der Dokumentarfilmer Simon Stadler hat sie dort besucht und nach Europa eingeladen. Sein Film "Ghostland - the view of the Ju'/Hoansi" startet morgen in ausgewählten Kinos.
Die weißen Männer, die da zu uns gekommen sind, die sind so weiß, dass sie aussehen wie die Geister unserer Vorfahren, erschraken die Ju'/Hoansi, als sie Besuch aus Europa bekamen. Der Dokumentarfilmer und Ethnologe Simon Stadler lebte mit seinem Team eine Zeit lang mit ihnen in der Kalahari-Savanne. Die nächste Stadt und der nächste Stromanschluss lagen 110 Kilometer entfernt:
"Wir haben mit einer kleinen Kamera dort gedreht, so dass wir sechs, sieben Tage ohne Strom unsere Daten sichern konnten. Dadurch waren die Dreharbeiten etwas kompliziert, aber am Schluss hat es ganz gut funktioniert."
Das Leben in der Kalahari hat sich für die Ju/'Hoansi verändert. Seit die Regierung in Namibia 1990 ein Verbot für die traditionelle Jagd erteilte, sind sie von staatlicher Hilfe und Tourismus abhängig. Der Filmemacher lud vier Stammesmitglieder nach Deutschland ein. Sie seien neuen Sachen gegenüber sehr aufgeschlossen und freuten sich: "Jetzt geht's los in das Geisterland", erzählt er. Bald sei ihre Begeisterung aber umgeschlagen:
"Schon nach zwei Wochen kam die Frage: Simon, können wir nicht wieder nach Hause? Wir haben zwar Hunger in der Kalahari, aber eure Welt ist nichts für uns! Es ist so verrückt wie ihr lebt: der Individualismus, die Lautstärke und immer ist irgendwas los. Wir wollen in Afrika bleiben, auch wenn wir hier keine gute Lebenssituation haben. Wir wollen auf keinen Fall nach Europa!"

Er habe von Bildungsinstitutionen aus Afrika Anfragen bekommen, ob sein Film dort gezeigt werden könne, sagt Stadler, weil dadurch am Bild des Paradies Europa gerüttelt werde.
Die Ju/'Hoansi zu Besuch bei einem anderen Volksstamm in Namibia.
Die Ju/'Hoansi lachen gern und viel, sagt Simon Stadler. Hier sind sie zu Besuch bei einem anderen Volksstamm in Namibia.© Cameleon Filmproduktion / Simon Stadler
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