Ndschimbi Tschiende

Pfarrer hat genug vom Rassismus in Zorneding

Das Ortsschild von Zorneding in Bayern vor blauem Himmel
Das Ortsschild von Zorneding in Bayern © picture alliance /dpa /Peter Kneffel
Von Max Muth · 07.03.2016
Zorneding in Oberbayern ist wieder in den Schlagzeilen: Der aus dem Kongo stammende Gemeindepfarrer lässt sich versetzen, weil er seit dem Herbst fünf Morddrohungen bekam. Der CSU-Bürgermeister spricht von "Spinnern oder Psychopathen" im Dorf.
Der Schock sitzt tief bei den Zornedingern. Dass in ihrem Dorf Morddrohungen ausgesprochen werden, noch dazu gegen einen Pfarrer, das ist für die meisten hier unbegreiflich.
Auslöser für die rassistischen Beleidigungen und Drohungen war eine Episode im vergangenen Herbst. Die Chefin der Zornedinger CSU, Sylvia Boher, hatte im CSU-Parteiblatt die ankommenden Flüchtlinge als "Invasoren" verunglimpft.
Als einer von wenigen hatte Pfarrer Ndschimbi Tschiende seine Stimme gegen Boher erhoben. Er drohte sogar damit, dem Parteiblatt die Verwendung der Zornedinger Kirchtürme als Logo zu verbieten.
Dann die nächste Eskalationsstufe. Der CSU-Gemeinderat und Parteivize Johann Haindl ließ sich als Antwort auf die Kritik des Pfarrers mit den Worten zitieren: "Der neue Pfarrer müsse aufpassen, dass ihm der alte Pfarrer Brem nicht mit dem nackerten Arsch ins Gesicht springe" und fügte hinzu: "unserem Neger."
Nach massiver Kritik trat Haindl von allen Ämtern zurück, Boher gab den CSU-Vorsitz ab, das Gemeinderatsmandat behielt sie.
Olivier Ndschijmbi Tschiende ist schwarz. Er kommt aus dem Kongo, hat in Deutschland studiert und habilitiert und mittlerweile auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Für ihn war die Auseinandersetzung mit den CSU-Lokalpolitikern eine traurige Erfahrung wie er damals dem Bayerischen Fernsehen sagte.

Personenschutz nach Drohungen

Der Bürgermeister von Zorneding, Piet Mayr, von der CSU kann sich nicht vorstellen, dass die Drohbriefe aus seinem Dorf kommen:
"Die ganze Angelegenheit letzten Herbst war natürlich in der Presse bundesweit und ich glaube, da haben irgendwelche Spinner oder Psychopaten sich bemüßigt gefühlt, diese Drohungen auszustoßen."
Aber nicht alle Drohungen kamen von außerhalb.
Mitte Februar hatte ein Zornedinger den Pfarrer gegenüber der zweiten Bürgermeisterin Poschenrieder bedroht. Am nächsten Tag standen zwei Zivilbeamte in der Messe, um Ndschimbi Tschiende zu schützen. Der Mann, der die Drohungen ausgesprochen hatte, stand während der gesamten Messe vor dem Altar.
Die Polizei bestätigt den Vorfall, letztlich habe es aber keine objektive Bedrohung gegeben. Der Mann sei psychisch auffällig gewesen. Aber der Pressesprecher der Polizei Oberbayern Nord, Kammerer, sagt auch: Die subjektive Bedrohung ist eine andere Geschichte.
Der Sprecher des Bistums München und Freising Kellner kann die Entscheidung des Pfarrers deshalb absolut nachvollziehen:
"Wir bedauern diese Entwicklung sehr, aber wir respektieren die Entscheidung des Pfarrers und wir stehen an seiner Seite."

Erleichterung und Blick nach vorn

Ndschimbi Tschiende will zur Zeit keine Interviews geben. Über den Sprecher des Bistums München und Freising, Kellner, lässt der Pfarrer aber ausrichten, dass es ihm so weit gut gehe:
"Er sagt, er ist jetzt eher erleichtert, dass er die Entscheidung getroffen hat und dass er sie der Gemeinde mitteilen konnte und er blickt jetzt nach vorne, er will der Kirche weiter dienen. Er will neue Aufgaben wahrnehmen."
Die Politik hat als Reaktion auf den Rücktritt des Pfarrers die Drohungen einhellig verurteilt. CSU-Chef Seehofer nannte den Vorgang völlig inakzeptabel. Die bayerische Justiz müsse alles daran setzen, das aufzuarbeiten.
Und das tut sie und nicht erst seit gestern. Seit vergangenen November ermittelt die Abteilung Staatsschutz der Kriminalpolizei Erding. Bisher allerdings noch weitgehend ohne Erfolg, wie der Pressesprecher der Polizei Oberbayern Nord, Kammerer, zugeben muss:
"Wir haben keine Spur, keinen Anhalt auf eine Person, die der Brief- oder Postkartenschreiber sein könnte."
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