Nashville als Einwandererstadt

"Multikulturelle Städte sind erfolgreicher"

Karl Dean, Bürgermeister von Nashville - ein Demokrat im republikanischen Bundesstaat Tennessee
Karl Dean, Bürgermeister von Nashville, bemüht sich aktiv um Einwanderer. © imago/Xinhua
Von Martin Ganslmeier · 19.05.2015
Zu Beginn erntete der Bürgermeister von Nashville mit seiner aktiven Einwanderungspolitik Proteste in der Bevölkerung. Doch die dynamische Wirtschaftsentwicklung gibt ihm Recht, und die kreative Energie der Einwanderer und Flüchtlinge belebt die Gesellschaft.
Nicht nur Hispanics sind aus Mittelamerika gekommen, auch Flüchtlinge aus Somalia und dem Sudan, Einwanderer aus Burma und Kambodscha und 12.000 Kurden aus dem Irak: Nashville hat die größte kurdische Gemeinde in den USA. Bürgermeister Karl Dean bemüht sich aktiv um Einwanderer und Flüchtlinge.
"Unsere Bürger sind stolz, dass es die Leute hier her zieht. Das ist gut für unsere Wirtschaft und für unsere Zukunft. Multikulturelle Städte sind erfolgreicher."
Die Mehrheit der Bürger sieht das mittlerweile auch so. Die dynamische Wirtschaftsentwicklung von Nashville gab dem Bürgermeister Recht. Doch vor sechs Jahren stieß die aktive Einwanderungspolitik auf Widerstände in der Bevölkerung. Es gab Volksabstimmungen und Proteste gegen den Bau von Moscheen. Bürgermeister Karl Dean, ein Demokrat im republikanischen Bundesstaat Tennessee, ging in die Offensive. Um die neuen Bürger in seiner Stadt besser zu integrieren, schuf er zentrale Anlaufstellen für Einwanderer. Eine davon ist in der Stadtbibliothek untergebracht: hier können Immigranten Englisch-Kurse belegen, Computer nutzen; sie erhalten Unterstützung bei Behördengängen und erfahren sogar, wie sie politische Verantwortung übernehmen können.
"Wir wollen, dass die Einwanderer wählen gehen und dass sie sich aktiv in die Politik einbringen. Das geht nur, wenn sie verstehen, wie die Stadt funktioniert."
Obama zu Gast in der Sporthalle
Eine weitere zentrale Anlaufstelle für Einwanderer ist das Casa Azafran, ein Gemeinschaftszentrum im Stadtteil Nolensville Pike. Hier leben die meisten der Einwanderer von Nashville. In einem ehemaligen Supermarkt sind zehn gemeinnützige Organisationen untergebracht: eine Rechtsberatung für Einwanderer, eine Flüchtlingshilfe-Organisation, eine Arzt-Praxis, die auch Einwanderer ohne Aufenthaltserlaubnis behandelt und eine Kindertagesstätte, die Migrantenkinder kostenlos betreut.
In der kleinen Sporthalle, in der Kinder aus allen Kontinenten der Welt zusammen turnen, war im Dezember Barack Obama zu Gast. Für den US-Präsidenten ist das Casa Azafran Musterbeispiel für eine aktive Einwanderungspolitik, die er gerne überall in den USA umsetzen würde. Das Gemeinschaftszentrum finanziert sich sowohl aus privaten Spenden als auch aus öffentlichen Mitteln. Geschäftsführerin Renata Soto kam Mitte der neunziger Jahre aus Costa Rica. Besonders stolz ist sie auf die große Gemeinschaftsküche, in der junge Einwanderer ein Catering-Unternehmen starten können:
"Es gibt viele auf der Warteliste. Wenn Sie das nächste Mal kommen, hoffen wir, dass diese Wand weg ist und unsere Küche größer geworden ist."
Eine der Catering-Unternehmerinnen ist Karla Ruiz. Die 42-Jährige bereitet gerade Smoothies zu. Vor 15 Jahren kam sie mit ihrem Sohn illegal nach Nashville.
Viele Erfolgsbeispiele
Als illegale Einwanderin hat Karla noch nie in ihrem Leben einen Bank-Kredit bekommen. Trotzdem ist ihr kleines Catering-Unternehmen von Jahr zu Jahr gewachsen. Derzeit könnte das Geschäft kaum besser laufen:
"Sehr sehr gut! Ich bin so glücklich mit der Entwicklung von 'Karlas Catering'! Ich habe so viele Träume! Wow! Ich will überall in den USA verkaufen!"
"Karlas Catering" beliefert Firmen, aber auch Lebensmittelgeschäfte. Morgens um fünf Uhr fängt sie an und oft steht sie noch bis abends um acht in der Küche.
Karla hofft, bald legal in den USA bleiben zu dürfen und einen Bank-Kredit zu bekommen.
"Ich werde mir viel neue Ausrüstung kaufen. Ich werde nach Mexiko gehen, um mich als 'Chef' fortzubilden. Ich will so viel dazu lernen, damit ich meinen Kunden mehr bieten kann."
Nicht alle schaffen wie Karla den Aufstieg aus der Illegalität zur erfolgreichen Unternehmerin. Renata Soto, die Geschäftsführerin im Gemeinschaftszentrum Casa Azafran hat jedoch viele Erfolgsbeispiele erlebt. Entscheidend sei, Einwanderern und Flüchtlingen eine Chance zu geben, sich in der neuen Heimat zu bewähren.
"Einwanderer bringen eine große Entschlossenheit mit, erfolgreich zu sein. Und wegen der vielen Hürden haben sie enorme Kreativität. Diese Energie belebt unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft."
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