"Nanga Parbat"

13.01.2010
Der Film erzählt von den tragischen Ereignissen des Aufstiegs des Nanga Parbat der Brüder Reinhold und Günther Messner. Letzterer fand dabei den Tod. Die Figuren und Konflikte bleiben im Film von Joseph Vilsmaier eindimensional.
Der am 24. Januar 2010 71 Jahre alt werdende Regisseur und Kameramann Vilsmaier ("Ehren-Kameramann" des Vereins "Deutscher Kamerapreis"; "Bayerischer Filmpreisträger", Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten, 2009) zählt hierzulande zu den "umstrittenen" Filmemachern. Er hat interessante Filme wie "Herbstmilch" (1988) und "Rama Dama" (1991) (gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Schauspielerin und Regisseurin Dana Vávrová, die 2009 verstarb) sowie "Der letzte Zug" (2006) und "Die Geschichte vom Brandner Kaspar" (2008) gedreht, aber auch fürchterliche Streifen wie "Stalingrad" (1993), "Marlene" (2000) oder "Bergkristall" (2004) geschaffen.

Vilsmaier ist "im Optischen" und weniger "im Charakter" zu Hause. Er vermag besser Bilder als Menschen "zu inszenieren". Die werden bei ihm oft gut-böse platt gezeichnet. Wie auch hier, wo er sich auf die Spuren einer legendären wie tragischen Bergbesteigung begibt. Am Himalaya, in Pakistan. Dort befindet sich der mit 8125 Metern neunthöchste Berg der Erde, der viele gereizt hat, ihn zu besteigen bzw. "zu besiegen". Die Erstbesteigung fand am 3. Juli 1953 durch Hermann Buhl statt. Die Statistik besagt –, bis Ende 2008 gab es 304 erfolgreiche Besteigungen, aber auch 66 Todesfälle.

Von einem erzählt dieser in Pakistan, Südtirol, Osttirol und München gedrehte Film. Wir befinden uns im Jahr 1970. Die Brüder Reinhold und Günther Messner wollen auf den Gipfel dieses Bergs. Nach vielen Querelen innerhalb der Expeditionsgemeinschaft, fortwährenden schlechten (Wetter-)Bedingungen und Auflösungserscheinungen (das Geld wurde knapp) startete Reinhold Messner am 27. Juni mitten in der Nacht alleine. Nach einigen Stunden folgte ihm der Bruder ohne Seil, Proviant und Zelt. Nach der Gipfelerklimmung folgt ein viertägiger Überlebenskampf, den Günther Messner nicht überlebt. Reinhold Messner gelangte nach sechs Tagen mit schweren Erfrierungen ins Tal und überlebte. Erst 2005 wurden die sterblichen Überreste von Günther Messner entdeckt.

Joseph Vilsmaier folgt Reinhold Messner und seinen Angaben, die oft Anlass zu Diskussionen, rechtlichen Streitigkeiten und extremen Vorwürfen waren, der ehrgeizige Reinhold hätte etwa seinen Bruder um des Erfolges willen im Stich gelassen. Aber darauf kommt es hier nicht an: Vilsmaier stellt zwei Buben in den Mittelpunkt, die schon als Kinder "hoch hinaus" wollen und dann zum großen Akt ausholen. Die Besteigung des Nanga Parbat erzählt von den Dissonanzen mit dem herrischen österreichischen Expeditionsleiter Dr. Karl Maria Herrligkoffer (Karl Markovics, "Der Fälscher", als diktatorischer Klein-Hitlerchen-Giftzwerg) und dann von dem strapazenreichen, unglückseligen Auf- und Abstieg.

Dabei sind immer wieder saubere Panorama-Landschaftsbilder von einer majestätischen Schnee- und Eislandschaft dazwischengeschnitten, bei denen man traurig ist, dass solch eine Natur bewusst und unkritisch von Menschen benutzt und ramponiert werden muss. Immer wieder darunter: die obligatorische, wummernde Musik-Suppe von Gustavo Santaolalla. Ein flacher Film. Mit Bauerntheater-Folklore-Düster-Charme. Mit eindimensionalen Charakteren, einer betulichen Dramaturgie und einer professionellen Optik. Dazu kommt, dass die beiden Hauptdarsteller, Florian Stetter (Reinhold) und Andreas Tobias (Günther), keinerlei Charisma ausstrahlen, kein Figuren-Interesse entwickeln, keinen Personen-Charme versprühen. Ganz im Gegenteil: Hölzerne Typen, die einem fremd bleiben, während das psychologisch interessante Duell zwischen dem Freigeist-"Stürmer" Reinhold Messner und dem autoritären Führer Herrligkoffer als plakativer Hahnenkampf daherkommt. Ziemlich emotionslos, gleichgültig "laufen" Berge und Figuren an einem vorbei. "Nanga Parbat" - der Film ist schlicht missglückt.

Nanga Parbat, Deutschland 2009, Regie: Joseph Vilsmaier, Hauptdarsteller: Florian Stetter, Andreas Tobias, Karl Markovics, ab sechs Jahren, 104 Minuten

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