Nachhaltigkeit statt H&M

Klamotten aus der Modebibliothek

Altkleiderhändler auf Ugandas größtem Markt, dem St. Balikuddembe-Markt.
Längst ist Afrikas Altkleidersektor überfüllt - mit Sachen aus Europa. © picture alliance / Yannick Tylle
Kirsten Brodde im Gespräch mit Martin Böttcher · 23.12.2017
Rund 60 neue Kleidungsstücke kauft ein Deutscher im Jahr. Zu Hause quillt der Kleiderschrank über. Kirsten Brodde, Textilexpertin von Greenpeace, kennt Alternativen. Und findet für die Recycling-Versprechen von Textilriesen wie H&M klare Worte.
Eigentlich verhalten sich die Deutschen recht vorbildlich: Nach Angaben von Kirsten Brodde sammeln sie drei Viertel ihrer getragenen Kleidung, statt sie einfach wegzuwerfen. Nur: Wo landet sie? Ein erheblicher Teil gehe in den Export - nach Afrika: "Das ist die Frage, ob es hier einfach reicht: aus den Augen aus dem Sinn. Denn in Afrika ist der Altkleidersektor längst überfüllt mit unzähligen Klamotten, die wir sozusagen mit dem Charity-Gedanken dorthin schaffen."
Scharf kritisiert Brodde das Vorgehen des Textilkonzerns H&M, der gebrauchte Kleidung gegen einen Einkaufsrabatt zurücknimmt: Auch hier sei der Export nach Afrika vorherrschend - und nicht das Recycling. Denn dieses sei aufwendig: "Das, was die großen Textilriesen uns hier als Recycling verkaufen, ist aus Sicht von Greenpeace eine Illusion, weil es technisch überhaupt noch nicht machbar ist." Dass H&M zudem seit 2013 "tonnenweise" angeblicher Fehlproduktion einfach verbrenne, sei "ein wirklicher Skandal".

Man muss nicht mehr alles besitzen

Andere Textilmarken wie Patagonia oder Brainshirt setzten dagegen auf Langlebigkeit - mit Reparaturservice oder Secondhand-Angeboten. Man müsse aber auch nicht mehr alles besitzen, findet Brodde:
"Man kann auch Kleidung leihen oder leasen. Es ist lange nicht mehr so, dass es nur Teile sind, die man vielleicht als Abendgarderobe leiht, weil man die nur einmal braucht. Inzwischen gibt es auch (…) Modebibliotheken, in denen man selbst Alltagskleidung leihen kann."
Sie selbst handhabe es so und habe "nur noch Basics im Schrank". Das Leihen habe "eine ganz neue Leichtigkeit" in ihr Leben gebracht. Und sollte sie doch einmal etwas weggeben wollen, sei die lokale Kleiderkammer das Beste: "Ich weiß ganz genau, wohin ich meine Kleidung gebe - und das ist eigentlich immer um die Ecke." (bth)
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