Nach "MoMA" kommt "Metro"

Von Carsten Probst · 28.04.2006
Es gab Versuche, den Erfolg der Ausstellung des New Yorker Metropolitan Museum of Modern Art (MoMA) in Berlin zu wiederholen. Doch weder Goya noch Picasso haben eine vergleichbare Hysterie ausgelöst. Im Jahr 2007 will man es mit "Metro", einer Art MoMA 2, noch einmal wissen. Zu sehen sein werden dann impressionistische Werke rund um Manet.
Warum sollte es den Staatlichen Museen zu Berlin auch anders gehen als anderen Kunstmuseen in Deutschland? Die Konkurrenz um die Quote ist vom Fernsehen längst auf den subventionsabhängigen Kulturbereich übergeschwappt, und es zählt zur darwinistischen Binnenlogik dieses Subventionssystems, dass nur derjenige Geld erhält und überlebt, wer ohnehin schon hat, das heißt, wer Erfolg beim breiten Publikum hat und zu diesem Zweck – man weiß ja, was die Leute wollen - ab und zu mal ordentlich auf die Pauke haut. Die Frankfurter Schirn Kunsthalle unter Max Hollein macht es seit längerem vor, wie man sich als Museum ein Kunstpublikum formt, das sich von eigenen inhaltlichen Ansprüchen fernhält und den Etikettenschwindel, Werbung als Kunst zu verkaufen, nicht bemerkt oder sogar goutiert. Das Münchner Haus der Kunst lässt sich während der Fußball-WM gleich in "Allianz Arena" umtaufen, was aus selbem Grund vermutlich für keinerlei Irritationen sorgen wird.

Der schwer bewegliche Supertanker der Staatlichen Museen Berlin würde dagegen diesem Trend zur aufblasbaren Kunstpuppe vermutlich noch lange hinterherhinken, gäbe es da nicht jenen gewitzten Lotsen und Rechtsanwalt namens Peter Raue, der als Vorsitzender der einflussreichen Freunde der Nationalgalerie das Steuer dieser an sich behäbig staatstragenden Institution unauffällig, aber bestimmt nach dem Wind gedreht hat. Raues Motivation lässt sich nur aus einem restaurativen Bedürfnis einer alten seligen Verbindung von Kunst und Macht erklären, ferner Zeiten, da Fürsten und geistliche Herrscher sich die Besten der Besten an ihre Höfe kommen ließen, um ihrer Herrlichkeit überzeitliche Zeugnisse zu verschaffen, um zu beweisen, dass Kunst auch in heutiger Zeit Macht verkörpern kann. Mit dem von ihm eingefädelten, nur noch als "MoMA"-Schau bekannten Mega-Event von 2004 ist ihm das schon gelungen.

Die ganze Republik zählte damals täglich die Menschenmassen, die auf die Neue Nationalgalerie einströmten, um ein Stück vom großen Glanz zu erhaschen. Raue hat bewiesen, dass Kunst die Welt doch noch verändern kann, dass Kunst als Religion funktioniert und damit fast so gut wie Fernsehen. Und im Gegensatz zur wirklichen Macht, zur Politik und zum Fernsehen, gibt Raue den Menschen, was sie sehen wollen. Er ist, mithin, der eigentliche Volkstribun der Berliner Republik, sofern diese sich anschickt, Kulturnation spielen zu wollen.

Wenn ein solcher Händler der großen Illusionen in den Ruhestand geht, verlangt dies natürlich auch einen würdigen Abgang. Bekanntermaßen wird Peter Raue 2008 sein Amt bei den "Freunden" an die ehemalige Kulturstaatsministerin Christina Weiss
abgeben, von der vermutlich nicht halb so viel Selbstherrlichkeit und Repräsentationssehnsucht zu erwarten sind. Es gab schon einige Versuche seit MoMA, die alle jedoch nicht den gewünschten Megahit brachten: Weder Goya noch Picasso haben eine vergleichbare Hysterie ausgelöst. Zum Abschluss lassen es Raue und "seine" Nationalgalerie deswegen noch einmal richtig krachen - und schenken Berlin das, was wir eigentlich immer schon erwartet haben: MoMA 2. MoMA 2 ist "Metro". Prägen Sie sich diese Formel schon jetzt gut ein. Mehr müssen Sie gar nicht wissen.
Besucher der MoMa-Ausstellung warten am 15. April 2004 vor der Neuen Nationalgalerie in Berlin auf Einlass
Solche Schlangen wie bei der MoMa-Ausstellung 2004 wünscht sich die Neue Nationalgalerie wieder.© AP Archiv