Nach den Anschlägen

Frankreich streitet über Syrien-Politik

Frankreich Außenminister Laurent Fabius
Nur ungeschickt ausgedrückt? Frankreichs Außenminister Laurent Fabius © AFP PHOTO/CHARLY TRIBALLEAU
Von Martin Zagatta · 01.12.2015
Läutet Frankreich einen Kurswechsel in seiner Syrien-Politik ein? Das Land ist fest entschlossen, sich für die Anschläge in Paris zu rächen - doch wie, darüber ist es uneins. Auch ist unklar, wer als Verbündeter gilt.
Hat sich Laurent Fabius nur ungeschickt geäußert? Oder will Paris einen Kurswechsel in der Syrien-Politik vorbereiten? Seit der französische Außenminister eine Allianz mit den Truppen des syrischen Regimes ins Gespräch gebracht hat, ist er am Dementieren, am Zurechtrücken. Eine Kooperation mit der syrischen Armee, so Fabius gestern, könne es erst nach dem Abgang von Machthaber Assad geben.
"Die syrische Armee kann doch nicht unter Assads Herrschaft gemeinsam mit der gemäßigten Opposition kämpfen. Unter Assad ist das nicht möglich."
Bis vor Kurzem noch hatte Frankreich jede Zusammenarbeit mit Damaskus abgelehnt und wollte Baschar Al-Assad als Kriegsverbrecher zur Rechenschaft ziehen. Seit den Anschlägen von Paris versucht die französische Führung aber ein weltweites Bündnis gegen die Terrormiliz Islamischer Staat zu schmieden. Mit Russland - ja. Aber auch mit dem syrischen Regime? Dafür ist die Chefin des rechtsextremen Front National schon lange.
"Wenn man den IS auslöschen will", so Marine Le Pen, "dann gibt es keine andere Möglichkeit, als sich mit Baschar Al Assad zu verbünden." Eine Ansicht, mit der der Front National bisher aber allein steht, in dieser Offenheit zumindest. Die rechtsbürgerliche Opposition unter dem Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy will sich wenige Tage vor den Regionalwahlen noch nicht so recht festlegen, mahnt aber ein gemeinsames Vorgehen mit Moskau an.
Entsetzen bei syrischen Oppositionellen
Und genau darauf hebt nun auch Francois Hollande ab. Seit den Anschlägen von Paris bemüht sich der französische Präsident ganz besonders darum, auch Russland in eine breite internationale Allianz gegen den IS einzubeziehen. Paris und Moskau seien übereingekommen, ihr militärisches Vorgehen in Syrien miteinander abzustimmen, verkündete Hollande nach Gesprächen mit Putin. Die Russen, so gibt er sich überzeugt, seien nun sogar dazu bereit, ihre Luftangriffe auf die so genannten gemäßigten Rebellen der syrischen Opposition einzustellen.
"Präsident Putin hat uns sogar gebeten", so Laurent Fabius, "eine Karte zu erstellen mit den Kräften, die keine Terroristen sind und die gegen den IS kämpfen. Damit sie dann, wenn wir diese Karte angefertigt haben, nicht mehr bombardiert werden."
Was der französische Außenminister "sehr wichtig" findet, das sorgt bei syrischen Oppositionellen in Frankreich allerdings für regelrechtes Entsetzen. Die französische Regierung habe sich völlig verrannt, meint der syrische Politikwissenschaftler Salam Kawakibi von der in Paris ansässigen Arabischen Reforminitiative.
Bevor die Russen eingegriffen haben, seien die Rebellen dabei gewesen, den IS aus der Region um Idlib und Aleppo zu vertreiben. Mit dem russischen Einschreiten, mit den Luftangriffen auf die Assad-Gegner habe die Terrormiliz dann aber wieder vorrücken können. Und wenn Paris jetzt Moskau mit Karten, mit Informationen über die Stellungen der Rebellen, versorgt, dann, fürchtet Kawakibi, werde Russland diese Koordinaten doch sofort dafür nutzen, diese oppositionellen Kräfte zu bombardieren. Es wäre, so warnt der Syrer, politisch und militärisch völlig naiv, in diese Falle zu tappen.
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