Nach dem Machtwechsel in Athen

"Die gleichen Versprechungen, die gleichen Slogans"

Der griechische Präsident Karolos Papoulias (re.) begrüßt Syriza-Chef Alexis Tsipras im Präsidentenpalast in Athen, 26. Januar 2015
Am Ziel: Präsident Karolos Papoulias (re.) begrüßt Syriza-Chef Alexis Tsipras © dpa / Simela Pantzartzi
Heinz A. Richter im Gespräch mit Vladimir Balzer und Axel Rahmlow · 26.01.2015
Mit Alexis Tsipras wird sich nicht viel ändern - das sagt der Griechenland-Kenner Heinz A. Richter. Der renommierte Historiker vergleicht Tsipras mit Papandreaou. Die für Athen so typische Vetternwirtschaft werde auch der Syriza-Chef nicht überwinden.
"Mich erinnert Alexis Tsipras an Andrea Papandreou Anfang der 80er-Jahre. Die gleichen Versprechungen, die gleichen Slogans, und hinterher kam die Pasok raus - und die Pasok war nichts weiter als eine Klientel-Partei in einem gesamt-klientelistischen System."
Zu diesem ernüchternden Urteil kommt der Heidelberger Historiker Heinz A. Richter, ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der griechischen und zypriotischen Geschichte des 20. und 21. Jahrhunderts, im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur.

Richter, der lange Jahre selbst in Griechenland gelebt hat, warnt davor, die politische Kultur am Peloponnes mit der in Westeuropa zu vergleichen:"Der westeuropäische Klientelismus so, wie wir ihn kennen, sind die FDP und die Hoteliers. In Griechenland und anderen Balkanstaaten ist es ein komplettes System von oben bis nach unten", sagt Richter.
Willensbildung in griechischen Parteien mit Westeuropa nicht zu vergleichen
Griechische Parteien seien zu vergleichen mit Klientel-Pyramiden, und der Wechsel zwischen den verschiedenen Parteien erfolge durch zwei Dinge:
"Der griechische Wähler stimmt nicht für etwas, er glaubt an keine Theorie, sondern er stimmt gegen jene Partei, die ihm in der vergangenen Legislaturperiode den erwarteten Gefallen nicht getan hat. Das ist Punkt eins. Punkt zwei, und das ist typisch für Syriza: Machtwechsel finden statt, indem Sub-Klientelnetzwerke die eine Pyramide verlassen und in eine andere übertreten."
Das griechische Parteiensystem, so beschreibt es Richter, habe nichts mit der Willensbildung von unten nach oben zu tun, wie man es von westeuropäischen Parteien kenne, sondern man habe "einen Chef plus ein paar Granden" und diese steuerten "diese sogenannten Parteien".
Heinz. A. Richter, Jahrgang 1939, studierte Geschichte, Politikwissenschaft und Anglistik an der Universität Heidelberg. Im Anschluss lebte er etliche Jahre in Griechenland. Von 1991 bis 2003 war er außerplanmäßiger Professor für griechische und zypriotische Zeitgeschichte an der Universität Mannheim. Richter arbeitet ausschließlich zur Geschichte Griechenlands und Zyperns im 20. und beginnenden 21. Jahrhundert.
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