Musikinstrumente für Spitzenorchester

Warum eine Harfe 200.000 Euro kosten kann

Eine Musikerin des Bundesjugendorchester probt im Konzerthaus in Berlin auf ihrer Harfe.
Eine Musikerin des Bundesjugendorchester probt im Konzerthaus in Berlin auf ihrer Harfe. © dpa / picture alliance / Klaus-Dietmar Gabbert
Von Susanne Lettenbauer  · 15.12.2017
Von wegen romantisches Pling! Pling! Die Harfe ist mehr als ein märchenhaftes Instrument. Musiker experimentieren mit Elektroharfen und selbst im Jazz kommen Harfen zum Einsatz. Eine der sieben Firmen, die weltweit diese seltenen Instrumente produzieren, sitzt in Starnberg.
"Also wir machen vom rohen Stück Holz bis zum fertig lackierten Teil fast alles selbst, bis auf das Vergolden, Schnitzen und Drechseln."
erklärt Klaus Horngacher. Mitten in einem alten Wohngebiet im Starnberger Süden steht das Horngacher-Haus. Nichts Besonderes, eine kleine Harfe an der Fassade ist der einzige Hinweis, was da hinter den hellerleuchteten Fenstern gewerkelt wird:
"Also hier haben wir unter anderem das Modell Empire aus Mahagoniholz, dann haben wir das Modell Phoenix in Ahornholz und ein Modell Andromeda, auch in Ahornholz. Die geht nach Holland, und die einfachste hier, die geht erst nach Belgien und dann nach Hongkong."

Klaus Horngacher, Firmenchef seit den 70er-Jahren, läuft die Treppen hoch und runter. Unten sind das Lager, die Hobel- und Drehbänke, Schraubzwingen hängen an den Wänden. Oben die Feinmechanik, wo Saiten aufgezogen werden und das Büro, wo Kunden aus aller Welt verschieden farbige Samtüberzüge für ihre Konzertharfe auswählen können.
Eine der teuersten Harfen, die in der Werkstatt Horngacher produziert wurde, ist eine Mahagonie-Harfe im Wert von rund 200.000 Euro.
Eine der teuersten Harfen, die in der Werkstatt Horngacher produziert wurde, ist eine Mahagonie-Harfe im Wert von rund 200.000 Euro.© Deutschlandradio
"Neben allen bekannten deutschen Orchestern haben wir Kunden wie New Yorker Philharmoniker, das Bolshoi Theater, wir haben die Oper Peking, die Scala in Mailand, wir haben den Rundfunk von Australien, wir haben die BBC, die auf unseren Instrumenten spielen, genauso wie das Israelische Nationalorchester und das Spanische Nationalorchester, also wir sind überall verbreitet."

Traditionelle Handwerkskunst

Automatisch läuft in seiner Harfenmanufaktur gar nichts. Die Werkräume scheinen wie aus der Zeit gefallen. Dass die Familienfirma seit Gründung Anfang des 20. Jahrhunderts noch immer in demselben Haus sitzt, sei so beabsichtigt:
"Unsere Kunden schätzen dieses etwas Heimelige, diese traditionelle Werkstatt, also man könnte schon sagen, dieses Pumuckl-Design."
Schreinermeister Stefan Hering ist einer von sieben Mitarbeitern:
"545 Holzteile sind es. Nein stopp, 859 Holzteile, jetzt hab ich nochmal nachgerechnet."
"Ja, so ungefähr kommt´s hin, wir haben über 1.300 mechanische Teile und dazu 800 Holzteile, also wir haben gut 2.000 Teile an so einer Harfe verbaut."
Schreinermeister Stefan Hering sägt, hobelt und schneidet die einzelnen Teile aus Ahorn, Mahagoni und Sitka-Fichte auf Zehntel Millimeter genau zu. Ein Kollege von ihm zog vor 25 Jahren aus Thüringen nach Starnberg, ein Feinmechaniker von Carl-Zeiss Jena. Statt optischer Teile setzt er heute winzige Stimmstifte in den Harfenhals.
In der Werkstatt des Harfenbauers Horngacher werden Instrumente für Orchester aus aller Welt produziert.
In der Werkstatt des Harfenbauers Horngacher werden Instrumente für Orchester aus aller Welt produziert.© Deutschlandradio
Sein Kollege Thomas Buchner war früher Bootsbauer und Möbelschreiner, jetzt feilt er einen Pedalkasten auf den Millimeter genau aus, anderthalb Tage lang:

"Naja, man hat auch viele runde Teile und das ist vom Arbeiten ähnlich dann."

Auch André Rieu und Vangelis sind Kunden

Ehe tatsächlich aus den vielen Teilen eine harfenähnliches Teil entsteht, dauert es Monate. An den zwölf bis 14 Instrumenten, die pro Jahr die Horngacher Werkstatt verlassen, arbeiten die Männer gut ein Jahr lang. Und die in der Harfenszene berühmten Kunden wie Nicanor Zabaleta, Maria Graf, Lilo Kraus, Nancy Allen oder Maria Bildea warten. André Rieu und Vangelis stehen ebenfalls in Horngachers Kundendatei:
"Naja das Geheimnis ist bei uns vielleicht einfach großer Erfahrungsschatz im Gegensatz zum Beispiel zu Firmen, gerade in Amerika, wo man vom Ausbildungsstatus nicht wie in Europa eine Lehrlingsausbildung hat und die Leute extra trainiert und ausgebildet werden. Das ist vielleicht das Geheimnis. Es ist ja nicht so, dass wir hier zaubern, sondern die Sorgfalt und Qualität der Mitarbeiter und die Qualität der ausgesuchten Materialien."
Was zum Schluss fein lackiert mit einem kleinen Namenszettel im Verkaufsraum steht, hält gut 40 Jahre lang und wird erst nach den ersten zehn Jahren richtig gut, wirbt die Firma. Dafür müssen Musiker aber auch tief in die Tasche greifen. Ein guter Mittelklassewagen wäre für das einfachste Modell zu haben, die Mahagonivarianten für über 200.000 Euro leisten sich heute nur noch Spitzenorchester.
(mw)
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