Musikfest Berlin

Ein Abend im Zeichen der Streicher

Das Ensemble "Metamorphosen Berlin" im Konzerthaus Berlin
Im Konzerthaus Berlin hat das Streicherensemble "Metamorphosen Berlin" eine Heimat gefunden © metamorphosenberlin.com
Moderation: Haino Rindler · 27.09.2018
Wolfgang Emanuel Schmidt wagte sich 2010 mit der Gründung eines reinen Streicher-Ensembles auf gefährliches Parkett, denn Streicherklänge sind fragil. Inzwischen ist die Kammerphilharmonie "Metamorphosen Berlin" bekannt für ihren warmen, sauberen Klang.
Die Kammerphilharmonie "Metamorphosen Berlin" spielte in diesem Jahr im Rahmen des Musikfestes Berlin ein Benefizkonzert für IPPNW. Diese Abkürzung steht für International Physicians for the Prevention of Nuclear War. Die deutsche Sektion der "Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges und Ärzte in sozialer Verantwortung" setzt sich dafür ein, erdumspannende Bedrohungen für Leben und Gesundheit abzuwenden.

Gegen den Kalten Krieg

Gegründet wurde die Organisation im Jahr 1980 von einem russischen und einem amerikanischen Kardiologen, um sich gegen die Bedrohungen des Kalten Krieges zu wenden. Bei dieser Arbeit entstand auch die Idee, regelmäßig IPPNW-Konzerte zu organisieren. In diesem Jahr konnten Wolfgang Emanuel Schmidt und die Musiker seines Ensembles für einen Abend im Kammermusiksaal der Philharmonie gewonnen werden. Wir senden einen Mitschnitt des Konzerts.
Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
Tauscht sein Cello auch mal gegen einen Taktstock ein: Wolfgang Emanuel Schmidt© metamorphosenberlin.com
Die Kammerphilharmonie ist bekannt für ihren ausgesprochen homogenen und warmen, sauberen Klang. Für das Programm wurden Werke gewählt, die zuerst das Tänzerische unterstreichen. Im Anschluss erklingt Musik, die unmittelbar nach dem Eindruck von Krieg und Zerstörung entstanden ist.

Der erste Wurf

Als Leoš Janáček 23 Jahre alt war, steckte er noch mitten im Musikstudium. Währenddessen gründete er in Brünn ein eigenes Orchester und komponierte für dieses sein erstes größeres Werk. Die Besetzung schreibt ausschließlich Streicher vor und ist in die Form einer Suite gegossen. Hier fasste er Stücke zusammen, die an jene Tänze erinnern, die Janáček bei seinen Reisen kreuz und quer durch das böhmisch-mährische Land kennen gelernt hatte und die sein Komponieren ein Leben lang prägen sollten.
Indira Koch und ihre Geige
Indira Koch spielt die erste Geige im Ensemble "Metamorphosen Berlin"© metamorphosenberlin.com
Die slawische Mentalität spiegelt sich in diesem Werk wider. In jedem der sechs Sätze steckt eine slawische Mentalität, die sich mal melodisch-melancholisch, mal rhythmisch vital zeigt.

Höfische Unterhaltung

Die beiden überlieferten Cellokonzerte schrieb Joseph Haydn seinem führenden Cellisten der Hofkapelle auf Esterhazy exklusiv auf den Leib. Inzwischen begleiten diese Werke jeden Cellisten – ein Leben lang. Oft werden sie fortgeschrittenen Teenagern das erste Mal aufs Notenpult gelegt. Aber die Werk verlieren nichts an ihrer Anzuiehungskraft, egal wie oft man sie auch spielt. Das erste Cellokonzert hat einen deftigen Tanzduktus, verlangt aber auch hohe Virtuosität, die Wolfgang Emanuel Schmidt mit seiner jahrelangen Erfahrung mit diesem Konzert mühelos zeigen kann.

Emotionale Explosion

Mit Dmitirij Schostakowitschs Kammersinfonie verläßt das Programm die heitere, höfische Stimmung. Dieses Werk katapultiert den Zuhörer nach Dresden, das noch immer stark zerstört vor dem Komponisten lag. Schostakowitsch hielt sich dort 1960 für Dreharbeiten zu dem Film "Fünf Tage und fünf Nächte" auf und traf mit Menschen zusammen, die von den Bombennächten in der Stadt berichteten. Das bewegte Schostakowitsch so stark, dass er innerhalb von nur drei Tagen sein achtes Streichquartett komponierte. Daraus entstand in der Fassung für Streichorchester die Kammersinfonie in e-Moll.
Eine Aufzeichnung des Konzertes vom 16. September 2018 im Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin
Leoš Janáček
Suite für Streichorchester
Joseph Haydn
Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 1 C-Dur
Dmitrij Schostakowitsch
Kammersinfonie e-Moll op. 110a (orchestriert von Rudolf Barshai)
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