Musikfest 2021: Philippe Herreweghe am Pult

Trauer trifft Trost

Ein großes Kreuz ragt dem rot glühendem Himmel voller Wolken bei einem Sonnenaufgang entgegen.
Gabriel Fauré komponierte sein Requiem "zum Vergnügen" und ließ dabei hoffnungsvolle Klänge dominieren. © imago / agefotostock
Moderation: Mascha Drost · 06.09.2021
Philippe Herreweghe dirigiert beim Berliner Musikfest Werke, die für Trauermomente komponiert wurden. Dabei strahlen sie verblüffend viel Hoffnung aus: Werke von Brahms und Fauré sowie die Psalmensinfonie des Festival-Hauptkomponisten Strawinsky.
Philippe Herreweghe und das Collegium Vocale Gent widmen sich oratorischen Werken: Fauré und Strawinsky. Darin spiegeln sich Trauer und Hoffnung – die Pole in diesem Programm des Berliner Musikfestes.
Berühmt geworden ist Philippe Herreweghe mit seinem Collegium Vocale Gent vor allem für die Interpretation barocker Musik, für Bachs Kantaten und Oratorien. Oratorisches auch in diesem Programm, wenn auch aus späteren Epochen: aus Romantik und Klassischer Moderne.

Herreweghe hat sein Orchester mitgebraccht

Herreweghe gründete 1991 auch ein Orchester, das Orchestre des Champs-Élysées, das er für dieses Konzert mit nach Berlin gebracht hat.
Zwei Werke, denen Herreweghe besonders verbunden ist, rahmen in diesem Konzert des Musikfestes Berlin den kurzen "Begräbnisgesang" von Johannes Brahms ein: das Requiem von Gabriel Fauré und die Psalmensinfonie von Igor Strawinsky.

Fauré: Ein Requiem "zum Vergnügen"

Beide Werke zeugen von der tiefen Religiosität ihrer Urheber, ohne jemals in religiösen Überschwang zu geraten. Sowohl Faurés Requiem als auch Strawinskys Psalmensinfonie verzichten auf das volle Orchester. Während Strawinsky von vornherein mit einem um zwei Klaviere gruppierten Spezialensemble arbeitet, legte Fauré sein Requiem nicht nur für große Orchesterbesetzung vor, sondern auch für eine intimere Ausführung. Es ist Herreweghes Verdienst, die klein besetzte Urfassung der Totenmesse 1988 erstmals eingespielt zu haben.
Der schwebende Charakter und die elegische Sanftheit von Faurés tröstender Musik kommen so besonders zur Geltung – und so kann vielleicht auch der provokante Ausspruch des Komponisten besser eingeordnet werden, demzufolge dieses Requiem "zum Vergnügen" komponiert worden sei.

Strawinskys Auftrag

Der Komponist lebte seit der Russischen Revolution, durch die er in seiner Heimat alles verloren hatte, in Westeuropa und konnte Geld gut gebrauchen. Der Dirigent und Mäzen Sergej Kussewitzky beauftragt ihn mit einem Stück zum 50-jährigen Bestehen des von ihm geführten Boston Symphony Orchestra. Und dann ist da auch noch ein Verleger, der von Strawinsky etwas "Populäres" haben möchte.
Und so vertonte Strawinsky populäre, lateinische Psalmen und gab dem Werk einen Titel, der sich gut merken ließ: Psalmensinfonie. Und kein Sänger, kein Zuhörer vergisst, wie Strawinsky die finalen "Alleluja"-Rufe gestaltete: Die Gesangsstimmen scheinen sich in sanft pendelnde Glöckchen zu verwandeln.
Live aus der Philharmonie Berlin
Gabriel Fauré
Requiem op. 48 für Sopran, Bariton, Chor und Orchester
Johannes Brahms
Begräbnisgesang op. 13 für gemischten Chor und Blasinstrumente
Igor Strawinsky
Psalmensinfonie für Chor und Orchester
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