Münchner Opernfestspiele

Dekadenz bis zum Exitus

"Die Gezeichneten" (Schreker) Staatsoper München
Szene aus der Münchner Aufführung © Bayerische Staatsoper / Wilfried Hösl
15.07.2017
"Ingo Metzmacher gelingt bei seinem Debüt an der Bayerischen Staatsoper einfach alles" – so die knappe Ansage von Jörn Florian Fuchs nach der Premiere von Schrekers "Gezeichneten" vor zwei Wochen. Jetzt können wir sie nacherleben.
Wobei nicht nur die Leistung des Dirigenten vielversprechend ist; auch die Vokalakteure, voran Catherine Naglestad in der weiblichen Hauptrolle der Carlotta, heimsten hohes Lob ein. Was nicht so ganz einfach ist: denn Franz Schrekers am Weltkriegsende 1918 uraufgeführte Dekadenz-Oper nach einer Vorlage Frank Wedekinds wirkt 100 Jahre später doch ein wenig abseitig: ein als nervös-reizbare Klangpanorama ausgebreiteter feuchter Männertraum, wo es weniger um Sex & Crime als um Sex mit Crime geht – erst wird gefeiert, dann vergewaltigt, dann getötet, und das mit einer gewissen Systematik.
Diese Lustmord-Maschinerie wird zwar in der Bühnenhandlung nicht direkt gezeigt, gibt aber den notwendigen Hintergrund für jenen Dreieckskonflikt ab, der sich sichtbar vollzieht und am Ende alle drei, durchweg eng in das perverse Geschehen verwickelten, Protagonisten entweder physisch oder seelisch tot zurücklässt. Die Verbindung von – so noch einmal der Kritiker – "triumphalischen Klangräuschen und Farbfeuerwerken mit abgründigen Schärfen", vergleichbar mit der Opulenz vieler Werke von Richard Strauss, ist sicher das, was man für Dirigent und Orchester als "reizvolle Herausforderung" bezeichnet – aber man muss sie eben auch bewältigen. In München scheint das gelungen zu sein.



Franz Schreker
"Die Gezeichneten"
Oper in drei Aufzügen
Libretto vom Komponisten


Tomasz Konieczny - Herzog Antoniotto Adorno
Christopher Maltman - Graf Andrea Vitellozzo Tamare
Alastair Miles - Lodovico Nardi
Catherine Naglestad - Carlotta Nardi
John Daszak - Alviano Salvago
Matthew Grills - Guidobaldo Usodimare
Kevin Conners - Menaldo Negroni
Sean Michael Plumb - Michelotto Cibo
Andrea Borghini - Gonsalvo Fieschi
Peter Lobert - Julian Pinelli
Andreas Wolf - Paolo Calvi
Tomasz Konieczny - Capitano di giustizia
Paula Iancic - Ginevra Scotti
Heike Grötzinger - Martuccia
Dean Power - Pietro
Galeano Salas - Ein Jüngling
Milan Siljanov - Dessen Freund
Selene Zanetti - Ein Mädchen
Ulrich Reß - 1. Senator
Christian Rieger - 2. Senator
Kristof Klorek - 3. Senator
Milan Siljanov - Diener
Solist/en des Tölzer Knabenchors - Kind
Milan Siljanov - Ein riesiger Bürger
Niamh O’Sullivan - Dienerin


Chor und Kinderchor der Bayerischen Staatsoper
Bayerisches Staatsorchester
Leitung: Ingo Metzmacher