Müde Ufo-Jäger und Knackis als Hundetrainer

Vorgestellt von Hans-Ulrich Pönack · 23.07.2008
Bei "Akte X - Jenseits der Wahrheit" werden die aus der gleichnamigen Fernsehserie bekannten FBI-Agenten Mulder und Scully noch einmal reaktiviert, um einen mysteriösen Fall aufzuklären, den sie eher gelangweilt und langweilend angehen. "Underdogs" ist eine erfrischende Komödie aus Deutschland, in der Häftlinge junge Welpen zu Blindenhunden erziehen sollen und dabei so was wie Gefühle zeigen.
"Akte X - Jenseits der Wahrheit"
USA / Kanada 2008. Regie: Chris Carter. Darsteller: David Duchovny, Gillian Anderson, Amanda Peet, Billy Connolly, Xzibit u.a. Länge: 105 min.

Chris Carter ist ein kalifornischer Produzent und Drehbuch-Autor, der einst die amerikanische TV-Serie "Akte X" erfunden und produziert hat sowie auch ein Drittel aller Drehbücher dafür schrieb. Außerdem inszenierte er insgesamt zehn Episoden von "Akte X". Der Kinofilm bedeutet sein Debüt als Spielfilmregisseur.

"Akte X - Die unheimlichen Fälle des FBI" (Originaltitel: "The X-Files") war eine TV-Serie, die in der Zeit von 1993 (Erstausstrahlung am 10. September 1993 beim US-Fernsehsender FOX, deutsche TV-Premiere war am 5. September 1994 auf "Pro 7") bis 2002 produziert und gesendet wurde. Im Stile einer Krimiserie wurden Science-Fiction-, Fantasy-, Horror- und Mystery-Elemente miteinander verbunden. Die Serie wurde durch die vermutete Existenz geheimer X-Akten beim FBI inspiriert und beschäftigte sich mit einer Ermittlergruppe, die diese Fälle bearbeitete. Fälle, die mit paranormalen, übernatürlichen und meist unerklärbaren Dingen zu tun hatten.

Im Zentrum dabei standen die FBI-Agenten Dena Katherine Scully und Fox William Mulder. Ein roter dramaturgischer Faden bildete dabei eine Verschwörung zwischen mächtigen irdischen Politikern und UFO-Außerirdischen. 1998 entstand, in amerikanisch-kanadischer Co-Produktion, der Kinospielfilm "AKTE X - DER FILM". Chris Carter war als Co-Drehbuchautor und als Co-Produzent beteiligt, der Serien-Regisseur Rob Bowman inszenierte den Film mit den beiden Serien-Stars David Duchovny und Gillian Anderson als Scully & Mulder wie eine Art aufgeblähte TV-Serienfolge.

Jetzt nun, sechs Jahre nach Serien-Ende und zehn Jahre nach dem ersten "Akte X"-Kinofilm, befinden wir uns in "The X-Files: I Want to Believe", so der Originaltitel, in der "Echtzeit"-heute. Dieses zweite "Akte X"-Movie hat nichts mehr mit damaligen Serien-Themen zu tun, ist sozusagen ein losgelöster Fall, der also auch von "Einsteigern" angenommen werden kann und somit neue Zuschauerkreise erschließen soll.

Die beiden Hauptakteure sind aber natürlich wieder Mulder & Scully. Er, der emotionale Semi-Esoteriker, hat sich in die Einöde zurückgezogen, hat sich einen Vollbart zugelegt und verbringt offensichtlich den Tag damit, UFO-Artikel aus Zeitungen auszuschneiden und zu sammeln. Er wirkt desillusioniert, müde, ausgelaugt. Sie arbeitet als Kinderärztin; wirkt - im Gegensatz zur früheren Power-Frau - nunmehr "weicher", wenngleich nicht minder wach.

Aus der dominahaften Wissenschaftlerin von damals ist jetzt eine Art strenge Gouvernante geworden, die sich immer noch mehr auf ihren gesunden Menschenverstand, beruft als etwa seinen Visionen zu glauben. Also fetzen sie sich wieder viel verbal. Denn: Sie sind "zurückgerufen" worden: Eine FBI-Agentin ist spurlos verschwunden, wenig später wird eine weitere Frau vermisst, ein abgeschnittener Männerarm taucht auf, und dann gibt es noch die wirren, hellseherischen wie nützlichen Visionen eines pädophilen Ex-Priesters, der Blut weint.

Die FBI-Ermittler sind ratlos und bitten die Experten von einst um Rat und Hilfe. Ein düsterer Krimi, der viel im Schnee von Virginia spielt, mit nächtlichem Schneetreiben und dem gespenstischen Kunstlicht von Sozialwohnungen und Operationssälen. Dabei geht es nicht mehr um bedrohliche Aliens, sondern um grausame Russen-Forscher. Die betreiben illegalen Organhandel, experimentieren an Menschen in dubiosen Labors herum, besitzen makabere Frankenstein-Fantasien.

Es wird viel gebabbelt, so nach dem Motto 20 Minuten reden, dann mal 5 bis 7 Minuten Action, dann wieder Dauergerede, dann wieder...; gemixt mit einer Prise Hin-und-Wieder-Ekel und viel Dunkel-Szenerie. Und nix mehr mit Übersinnlichem.

Ein routinierter Spannungsfilm wie so viele andere auch. Mit zwei routinierten, aber wenig "aufregenden" Hauptdarstellern. Im Leinwand-Alleingang haben weder Gillian Anderson noch David Duchovny bisher viel "gerissen" bzw. große darstellerische Funken ausgelöst. Also kommen sie mal wieder in ihren (TV-)Standard-Rollen daher, ohne allerdings groß zu glänzen oder für sonderliche Aufreger zu sorgen, im Gegenteil: Er wirkt bzw. kommt rüber wie ein dauerhaft geprügelter Straßenhund mit Trauerkloßmine, der eigentlich nur nach einer gemütlichen Heim-Couch sucht, und sie verstrahlt den Charme einer aufgeweckten Büro-Kollegin mit stets alarmiertem Gesichtsausdruck.

Zwischen denen prickelt es erotisch-unterschwellig nicht mehr. Wenn sie sich wie ein altes Ehepaar streiten, ist es wie bei einer hängengebliebenen Schallplatte aus der Oldie-(Serien-)Zeit. Was auch die Frage beantwortet, ob sie denn nun ein Paar sind oder (doch wieder) nicht. Also: Sowohl der Kriminalfall wie auch die beiden Schnüffler bleiben im Mittelmaß von Reiz, Spannung, (Un-)Logik und Atmosphäre stecken.

Der zweite "Akte X"-Kinofilm ist ein Nur-Durchschnitts-Krimi. Mit übrigens einer neuen deutschen Stimme für ihn: Weil man sich mit dem "regulären" Synchronsprecher von David Duchovny, Benjamin Völz, gagenmäßig nicht mehr einigen konnte, wurde der preiswertere Johannes Baasner verpflichtet, der sich auch Johannes Berenz nennt.

<im_45637>"Underdogs" (NUR IM ZUSAMMENHANG MIT DEM FILMSTART)</im_45637>"Underdogs"
Deutschland 2007. Regie: Jan Hinrik Drevs. Darsteller: Thomas Sarbacher, Clelia Sarto, Hark Bohm, Ingo Naujoks, Kida Ramadan, Thorsten Merten, Wladimir Tarasjanz, Philipp Baltus. Länge: 94 min.

Jan Hinrik Drevs, der hier Regie geführt hat, ist ein 30-jähriger Lübecker, der bisher als Dokumentarist für das Fernsehen gearbeitet hat ("Dogsworld"/2001; "Herr Pilipenko und sein U-Boot", über einen liebenswürdigen, ukrainischen Fantasten/2006). "Underdogs" ist der erste Kinospielfilm des leidenschaftlichen Hundefans, der einst bei den Recherchen für die Reihe "Dogsworld" auf das erfolgreiche New Yorker Projekt "Puppies behind bars" ("Welpen hinter Gittern") stieß. In dessen Rahmen wurden in einem Gefängnis junge Hunde ein Jahr lang von Schwerverbrechern betreut.

Aus dieser Reportage entwickelte Drevs die Idee zu seinem Debüt, wobei der Titel schon doppelbödig die beiden Ebenen des Films beschreibt. Wir befinden uns in einem Knast mit den obligatorischen "schweren Jungs". Einige von denen sollen resozialisiert werden. Die neue attraktive Gefängnis-Direktorin (Clelia Sarto) will ein Programm etablieren, bei dem ausgewählte Häftlinge kleine Hundewelpen unter Anleitung zu Blindenhunden ausbilden.

Sechs werden schließlich dafür bestimmt, darunter auch der bullige Mosk. Der wegen besonders schwerem Totschlag einsitzende Schweigsame will aber eigentlich nicht. Möchte stattdessen an der hausinternen Gewichtheber-Meisterschaft teilnehmen, für die er schon wie besessen trainiert. Doch nun hat er dieses kleine Labrador-Viech in der Zelle. Klar, dass die Chemie zwischen Mensch und Tier - zunächst - überhaupt nicht stimmt. Aber Mosk muss durchhalten, denn nur zusammen bekommt man die Positiv-Punkte, und die anderen fünf Mitgefangenen erklären sich da schon sehr "deutlich" ihm gegenüber...

Ein deutscher Spielfilm, der stimmig daherkommt, lächelnd unangestrengt unterhält, der angenehm knapp wie unaufgeregt präzise Umfeld und Personen erklärt; der seine überzeugenden Darsteller sicher über die möglichen Klischee-Klippen zu führen weiß (selbst ein Ingo Naujoks kommt hier ohne sein obligatorisches Changieren aus), während das tierische Spiel zwischen Menschen und Hunden ohne Überanstrengung prima durchläuft.

Als darstellerische Führungsperson zeigt sich der Leinwand-unbekannte Thomas Sarbacher als Mosk (als melancholischer Hauptkommissar in der SAT.1-Serie "Der Elefant - Mord verjährt nie" in 21 Folgen von 2003 bis 2006 tv-populär geworden) in Bewegung und Körpersprache von großem Reiz; ein richtig guter Atmo-Typ.

Dass "Underdogs" dennoch nicht der ganz große Wurf wurde, liegt am (längst) nicht ausgefeilten Drehbuch, wenn es etwa um die Begegnungen mit der Blindenhund-Empfängerin geht und wenn es überhaupt um die Traute geht, bei Emotionen mal Dampf abzulassen. Dennoch, eine insgesamt überraschend spannende, kurzweilige deutsche Knast-Komödie als empfehlenswerter Familienfilm mit bisweilen Knuddel-Charme. Und mit einem "komischen" Hark Bohm in einer urigen Nebenrolle als Hundetrainer.