Mode aus Afrika

Von Carola Hoffmeister · 24.09.2005
"Mode made in Afrika" im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe zeigt Mode der senegalesischen Designerin Oumou Sy. Sie präsentiert ihre Kreationen auf den Laufstegen von Rom, Venedig, London, Paris oder New York. Sy entwirft Kleidung, die der Afro-Pop-Sänger Youssou N’ Dour genauso trägt wie Doris Schröder-Köpf.
" Dieses Kleid ist aus Viskose und Bast gefertigt und mit Indigo gefärbt. Es symbolisiert die "Fegerin", die Frau, die sich im Haus um alles kümmert. Ich habe mir gewünscht, dass meine "Fegerin" aussieht wie diese. "

Die "Fegerin" trägt, genau wie die anderen schwarzen Schaufensterpuppen im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe, Haute Couture und Prêt à Porter der Designerin Oumou Sy: oft handgewebte und bestickte Stoffe in warmen Erdtönen, Granatrot, leuchtendem Grün oder Gelb. Die Modeschöpferin aus dem Senegal, die in armen Verhältnissen aufgewachsen ist, verarbeitet in ihren Kostümen nicht nur viele Farbkontraste, sondern auch ungewöhnliche Materialien. Muscheln, Pfauenfedern oder CD-Rohlinge, die wie glitzernde Pailletten angeordnet sind, hat Oumo Sy auf Röcke, Oberteile und imposante Kopfbedeckungen appliziert. Auch in ihrer Schmuckkollektion ist eine alte Filmdose auf einer Kettenschnur wiederverwertet worden:

Oumou Sy: " Schon als kleines Mädchen habe ich alles gesammelt, was ich auf der Straße oder auf Stoffmärkten gefunden habe. Oder im Wald, Kerne von Früchten zum Beispiel. Ich habe gespielt wie ein kleines Kind und habe mich dabei inspirieren lassen. Daraus ist etwas Neues entstanden. (…) Heute bin ich immer noch fünf. Die Jahre gehen vorbei, aber der Geist bleibt derselbe. "

Mit nur 13 Jahren hat die Autodidaktin und Analphabetin in ihrem Heimatdorf eine eigene Werkstatt eröffnet und Kleider für die Nachbarschaft geschneidert. In ihren Entwürfen orientiert sich Oumou Sy damals wie heute vor allem an der afrikanischen Stofftradition vor Ort. Die Produktion des Senegals zu fördern und der Übermacht asiatischer Billigimporte etwas entgegenzusetzen, ist auch Ziel ihres Labels "Made in Afrika".

Zu der Marke gehört die von Sy gegründete Mode- und Designschule "Ateliers Leydi" im Armenviertel von Dakar. Sie will den Nachwuchs des Landes ausbilden und fördern – zum Beispiel auf der jährlichen Internationalen Modewoche "Simod", die Oumou Sy ebenfalls in der Hauptstadt ins Leben gerufen hat. Wichtig ist der Künstlerin, dass ihre bezahlbare Alltagsmode für jedermann taugt: Der sengalesische Bauer auf dem Land trägt, so die Designerin, ihre Kleidung genauso wie Doris Schröder-Köpf oder Afro-Pop-Sänger Youssou N’ Dour.

Oumou Sy: " Die Leute sollen wissen, dass Afrika Modeschöpfer hat und dass Afrika sich im Museum präsentieren kann. Es gibt große Veränderungen in der Welt, die die Künstler dazu ermutigen sollten, mehr zu reisen. Das ist ein wichtiger Schritt für die ganze Welt. "

Mode "Made in Afrika" funktioniert anders als in den Industrienationen. Denn eine Massenproduktion ist der westafrikanischen Modeszene überwiegend fremd. In deren handgefertigter Tradition sieht die westliche Welt oft ein Zeichen für Rückständigkeit. Niels Jockel vom Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe will mit der Ausstellung auf das Klischee in diesem Gedanken hinweisen:

" Man würde leicht die Mode aus Afrika in einem eher völkerkundlich orientierten Museum erwarten. Mir war es sehr wichtig, es gerade in diesem Museum deutlich zu machen, dass wir mittlerweile uns international mit Afrika auseinander zu setzen haben und nicht einfach nur tun müssen, als ginge es hier um einen Entwicklungskontinent, sondern eben auch wirklich es unter Modedesign-Gesichtspunkten zu betrachten. "

Die Designerin greift in ihren oft witzigen Kreationen auch westliche Elemente auf, eine generelle Unterscheidung zwischen Design aus Europa und afrikanischer Textilkunst kennt sie jedoch nicht. Mit der Haute Couture, die nur auf den ersten Blick "typisch afrikanisch" wirkt, erzählt die Ausstellung genauso viel über Europa und dessen Wahrnehmungsmechanismen wie über den schwarzen Kontinent.

Oumou Sy: " Ich bin Generalistin und mache jede Art von Mode. Die anderen müssen beurteilen, was ich mache, ich selber kann das nicht. "

Service:

Die Ausstellung "Mode made in Afrika" im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe läuft bis zum 30. Oktober 2005. Parallel läuft derzeit im Hamburger Museum für Völkerkunde die Ausstellung "Mode in Afrika". Die aufwändig gearbeiteten schwarzen Schaufensterfigurinen aus dem Museum für Kunst und Gewerbe werden Ende der Ausstellung zugunsten eines Kindergesundheitsprojekts im Senegal versteigert.