Mittelstand trotz Krise optimistisch

Mario Ohoven im Gespräch mit Hanns Ostermann · 04.05.2009
Die meisten mittelständischen Unternehmen blicken trotz Wirtschaftskrise optimistisch in die Zukunft. Zwar seien die exportorientierten Unternehmen besonders hart vom Konjunktureinbruch betroffen, in anderen Branchen seien die Auftragsbücher jedoch "verhältnismäßig gut und zum Teil sehr gut" gefüllt, sagte der Präsident des Bundesverbandes der mittelständischen Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven.
Hanns Ostermann: Die Krise geht auch wieder vorbei, für manchen ein schwacher Trost. Und trotzdem: Dem Mittelstand geht es vielfach relativ gut. Woran das liegt, darüber möchte ich mit dem Präsidenten des Bundesverbandes der mittelständischen Wirtschaft reden, mit Mario Ohoven. Guten Morgen, Herr Ohoven!

Mario Ohoven: Guten Morgen, ich begrüße Sie!

Ostermann: Kann das Bild, das da gerade gemalt wurde, wirklich auf die gesamte Republik übertragen werden oder ist Schleswig-Holstein doch eher ein Einzelfall?

Ohoven: Also man kann nicht über ganz Deutschland sagen, dass die Lage in allen Branchen und Regionen gleich gut oder gleich schlecht ist. Sicherlich, es gibt Bereiche, ich denke da zum Beispiel an die exportorientierten Unternehmen der Metallindustrie, die von der Krise besonders hat betroffen sind, Maschinenbau. Aber es gibt auf der anderen Seite viele Branchen, etwa den Bau, das Handwerk oder Nischenprodukte, wo die Auftragsbücher noch verhältnismäßig gut und zum Teil sehr gut gefüllt sind. In diesen Bereichen ist auch damit zu rechnen, dass die massiven Konjunkturprogramme des Bundes, der Kommunen und der Länder jetzt schnell Wirkung zeigen und zu einer entsprechenden Belebung führen werden. Und die zugegebenermaßen wenig erfreulichen Zahlen zum Rückgang der Exporte, zu den Firmeninsolvenzen und so weiter, das ist halt nur die eine Seite der Medaille. Ich kann in diesem Zusammenhang auch nur davor warnen, dass wir kollektiv jetzt in Weltuntergang machen. Kurz gesagt: Der Mittelstand, das wird mir bei meinen Gesprächen mit Unternehmern aus unserem Verband, bei Veranstaltungen und so weiter, in ganz Deutschland immer wieder bestätigt, der Mittelstand hat sich auch in der Krise seinen Grundoptimismus im Wesentlichen bewahrt.

Ostermann: Er kann möglicherweise auch schneller reagieren als eben der Unternehmenschef einer riesigen Firma. Trotzdem – das haben Sie eben deutlich gemacht – den klassischen Mittelständler gibt es nicht, das liegt einfach an den verschiedensten Branchen. Man hört gleichwohl, viele planen neue Produkte, können sie aber nicht umsetzen. Also wie ist der Zugang zu Finanzierungen?

Ohoven: Also ich muss Ihnen eins sagen: Die meisten Mittelständler wollen und werden investieren und wenn es irgendwie geht ihre Mitarbeiterzahl zumindest halten. Ich möchte klar sagen, immerhin 70 Prozent der Unternehmen habe ihre Lage als befriedigend oder sogar als gut in einer neuen Umfrage gehalten. Der Maschinenbau wird sich weiterentwickeln, der Maschinenbau trägt ganz wesentlich, und das seit vielen Jahren, zu unseren Exporterfolgen bei und vor allem aber ist der Maschinenbau ein verlässlicher Konjunkturindikator, weil die Aufträge sozusagen prozyklisch eingehen. Und hier muss man auf den Präsidenten des VDMA hören, der sagt, in der zweiten Hälfte des Jahres wird auch der Maschinenbau wieder anziehen. Hier muss man natürlich ganz klar sagen, Ihre Frage …

Ostermann: Es geht um den Zugang zu Finanzierungen.

Ohoven: Ja, da muss ich Ihnen klar sagen, das ist schwierig. Ob wir nun gegenwärtig definitionsgemäß eine Kreditklemme haben oder nicht, das ist ein Gerede um des Kaisers Bart. Der Bundeswirtschaftsminister hat das jetzt sehr klug ausgedrückt: Es gibt keine flächendeckende Kreditklemme. Was ja wohl im Umkehrschluss heißt, dass es vielerorts eben doch erhebliche Probleme bei der Kreditfinanzierung gibt.

Ostermann: Aber woran liegt das, wenn man andererseits hört, dass 40 Milliarden Euro durch die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau zur Verfügung gestellt werden sollen?

Ohoven: Komme ich sofort zu. Fest steht, das wird uns immer wieder von Mitgliedsunternehmen bestätigt, die Mehrzahl der Mittelständler kommt deutlich schwieriger an Kredite. Die neueste Infostudie sagt, 42 Prozent der Klein- und Mittelbetriebe haben bei der Kreditvergabe der Banken die Lage sehr restriktiv beurteilt. Wir als BVMW haben eine ganz neue Blitzumfrage unter 1400 Mitgliedsunternehmen gehabt: Für jeden zweiten Mittelständler haben sich die Kreditbedingungen in den letzten vier Monaten verschlechtert, knapp ein Drittel musste schon Investitionen zurückstellen, und über 80 Prozent erwarten eine weitere Verschärfung im nächsten Halbjahr. Und mit verschlechterten Finanzierungsbedingungen meine ich konkret, dass die Banken höhere Risikoprämien beziehungsweise mehr Sicherheiten von ihren mittelständischen Kunden verlangen und dass vor allen Dingen die Kredite mit längeren Laufzeiten spürbar teurer geworden sind. Und wir wissen aus der vierteljährlichen Umfrage der Bundesbank unter den Kreditinstituten, dass die Hälfte der Banken im abgelaufenen Quartal nochmals die Standards für Unternehmenskredite verschärft hat, nachdem das in den beiden Quartalen davor schon jeweils ein Drittel der Banken getan hatte.

Ostermann: Herr Ohoven, das heißt doch aber im Klartext, auf der einen Seite werden durch die KfW riesige Summen zur Verfügung gestellt und andererseits beklagen Sie, die Hausbanken unterstützen den Mittelstand nicht in ausreichendem Maße. Wie ist dieser Widerspruch zu erklären?

Ohoven: Von 40 Milliarden sind nur 2 Milliarden in Anspruch genommen worden, das sind 5 Prozent. Hier kommt es erstens Mal, dass es die Institute betrifft, die ganz klar dem Mittelstand sagen, bist du vor dem Stichtag 1. Juli 2008 in die Krise gekommen – und zwischen Hausbanken und KfW läuft die Verständigung leider Gottes nicht so gut, sie ist sehr, sehr problematisch. Jetzt allerdings hat man es geschafft, dass man die KfW direkt angehen kann.

Ostermann: Mario Ohoven, der Präsident des Bundesverbandes der mittelständischen Wirtschaft. Danke für das Gespräch und eine erfolgreiche Woche.

Ohoven: Herzlichen Dank Ihnen!