"Mit Sicherheit werden sie eine Straflektion erhalten"

05.05.2012
Nach Ansicht des Wirtschaftswissenschaftlers und Griechenland-Experten Jens Bastian von der Eliamep-Stiftung in Athen ist der Ausgang der morgigen Wahl in Griechenland noch völlig offen. Allerdings könnten die Neofaschisten ins Parlament einziehen.
Bastian sagte, es werde ein Parlament mit zehn oder mehr Parteien geben, was es schwer mache, eine handlungsfähige Regierung zu bilden. Für die beiden großen Parteien rechnet der Wirtschaftswissenschaftler mit einem Denkzettel. "Mit Sicherheit werden sie eine Straflektion erhalten. Welche Schlüsse sie daraus ziehen, zum Beispiel auch in der Fähigkeit zusammenzuarbeiten und möglicherweise eine Koalition zu bilden, die handlungsfähig ist, steht auf einem anderen Blatt."

Noch seien viele Bürger unentschlossen, welche Partei sie wählen sollten, "weil sie sich nicht wiedererkennen und weil sie oft sagen, wir möchten unsere Wut zum Ausdruck bringen, wir möchten auch eine diskreditierte politische Elite abstrafen. Und wir müssen sie vielleicht am Ende doch wählen, damit dieses Land die politische Stabilität nicht verliert, die es braucht."

Der Griechenland-Experte erwartet außerdem ein Erstarken extremistischer politischer Kräfte. "Wir haben links- und rechtsextreme Entwicklungen in dieser Gesellschaft, die sich höchstwahrscheinlich auch im Parlament wiederfinden werden." Es sei "sehr besorgniserregend", dass die Neofaschisten Chancen hätten, wieder ins griechische Parlament einzuziehen.

Bastian betonte, die griechischen Bürger seien weiter als die politische Elite. Sie hätten erkannt, dass sie sich nicht länger auf den Staat verlassen können, sondern es aus eigener Kraft schaffen müssen. "Und dazu sind viele Menschen in dieser Gesellschaft bereit, vor allen Dingen auch junge Menschen. Aber sie brauchen Signale und sie brauchen auch aufrichtige Politiker."