Metin Tolan: "Die Star Trek Physik"

Wurmlöcher sind möglich − physikalisch

Szene aus "Deep Space Nine"
Ein "Wurmloch" in der Science-Fiction-Fernsehserie "Deep Space Nine". Ist physikalisch möglich, so der Physiker Metin Tolan. © imago/United Archives
Von Gerrit Stratmann · 22.07.2016
Replikatoren, Zeitreisen, Wurmlöcher - was im Star-Trek-Universum zunächst als Science-Fiction daherkommt, ist bei genauerer Betrachtung ein Blick in die Zukunft der Technologie. Der Physiker Metin Tolan schreibt in "Die Star Trek Physik", was physikalisch alles möglich ist.
Transparentes Aluminium ist wohl jedem Trekkie ein Begriff. Das Material tauchte im vierten Kinofilm "Zurück in die Gegenwart" auf. Dort reist die Crew der "Enterprise" zurück ins Jahr 1986, um Buckelwale mit in die Zukunft zu nehmen. Für den Bau des Waltanks braucht Chefingenieur Scotty ein Material, das leicht und trotzdem stabil genug ist für den Transport der gesuchten Wale. Nur "transparentes Aluminium" war 1986 noch gar nicht erfunden. Heute, dreißig Jahre später, sind wir da schon weiter: Am Fraunhofer-Institut wurden transparente Keramiken aus Aluminiumoxid entwickelt, die den Eigenschaften des damals noch hypothetischen Stoffes sehr, sehr nahe kommen. Die Visionen von "Star Trek" sind gar nicht so weit weg!

Tarnkappen und künstliche Augen

Und so ist auch die Idee, genau diese technischen Details auf ihre Plausibilität und Machbarkeit abzuklopfen, nicht neu. In den 1990er-Jahren hat genau das der amerikanische Physiker Lawrence M. Krauss getan. Jetzt angesichts des 50. Jubiläums zu Star Treck eifert ihm sein deutscher Kollege, der Dortmunder Physiker Metin Tolan, nach. Tolan, der schon die Physik des Fußballs und der James Bond-Filme analysierte, widmet sich in seinem jüngsten Buch nun dem Beamen, Warp-Antrieb, Wurmlöchern, Zeitreisen, Replikatoren, Universalübersetzer, Tarnkappen und künstlichen Augen – und überprüft all das auf eine Vereinbarkeit mit den bekannten Gesetzen der Physik.
Als erklärter Fan der Serie versprüht Metin Tolan dabei oft unerschütterlichen Optimismus: Physikalisch, so seine Schlussfolgerung, stehe den meisten der erdachten Technologien im Prinzip nichts entgegen. Die Lösung etwaiger Probleme sei Sache der Ingenieure. Dabei sind diese Probleme jedoch mitunter so gewaltig, dass sich niemand vorschnell Hoffnung auf Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit machen sollte. Für einen Warp-Flug etwa benötigt man "negative Energie" und rein rechnerisch eine Energiemenge, die der von mehreren Sonnenmassen entspräche!

Ein Abschnitt für "Besserwisser"

Metin Tolan arbeite sich an einzelnen Filmszenen entlang, er entlarvt so Fehler der deutschen Synchronisation, erläutert die Newton‘sche Mechanik, Keplers Planetengesetze oder die spezielle Relativitätstheorie. Dabei bietet er oft einen allgemeinverständlichen Teil und einen Abschnitt für "Besserwisser", in dem er mit Hilfe von Formeln (z.B. der Lorentz-Transformation oder der Raketengleichung) handfeste Ergebnisse herleitet. Das ist naturgemäß nicht jedermanns Sache, verleiht Tolans Einschätzungen aber doch ihre überzeugende Plausibilität (und lässt sich notfalls problemlos überspringen).
Gewürzt mit Filmzitaten, Bildern, erläuternden Grafiken und Fußnoten ist Metin Tolan damit ein kluges Buch gelungen, das zwischen Unterhaltungswerk und Lehrwerk mäandert. Allein seine kulturgeschichtliche Einführung in Sachen Star Trek lohnt die Lektüre. Mit seinen anschaulich und ausführlich kommentierten Berechnungen zielt der Physikprofessor auf die Erweiterung des Horizonts lernwilliger Leser. Und für alle anderen bleibt trotzdem mehr als genug übrig, um mit den neu gewonnenen Erkenntnissen Science von Fiction zu trennen.

Metin Tolan: "Die Star Trek Physik. Warum die Enterprise nur 158 Kilo wiegt und andere galaktische Erkenntnisse"
Piper Verlag, München/Berlin 2016
351 Seiten, 20,00 Euro

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