Mein 9. November: Ursula Ripp-Hilt

24.10.2009
Ursula Ripp-Hilt ist seit 2001 Pfarrerin in Gerlingen bei Stuttgart. Während ihrer Berliner Studienzeit in den 80er Jahren verbrachte sie einen Tag in der Woche an der kirchlichen Hochschule in Ost-Berlin. Seit 1983 reiste sie regelmäßig zu den sogenannten Pfingsttreffen nach Berlin und Dresden.
Ich war vollkommen aufgewühlt, total fasziniert, begeistert. Ich sehe mich da noch vorm Fernseher sitzen und habe Fernsehen geschaut und Fernsehen geschaut - hatte um 8.00 aber einen Termin. Das weiß ich noch. Wir hatten nämlich Chorprobe in Bolheim damals an dem Abend. Und ich dachte, gehst du jetzt in den Chor oder gehst du nicht. Dann dachte ich, musst wohl, es war irgendwie wohl eine wichtige Probe. Auf jeden Fall bin ich zu spät gekommen, aber ich bin noch gegangen. Und ich weiß noch, ich bin da rein geplatzt, hab die Tür aufgerissen und hab gesagt: Leute, die Mauer ist auf.

Und die haben mich alle ganz komisch angeguckt und gesagt: Ja. Und ich war völlig aufgewühlt und konnte es überhaupt nicht verstehen, dass die Leute nicht genauso fasziniert und aufgewühlt sind, wie ich.

Ich weiß nicht mehr, wie die Chorprobe rumging. Ich sofort wieder nach Hause vor den Fernseher. Und das Witzige war, dass ein Westberliner Freund genau an dem Abend, nämlich noch zu mir auf Besuch kommen wollte. Und ich wusste, der ist auf der Strecke. Der fuhr also von Westberlin hier zu mir nach Bolheim. Und ich dachte, ich bin im falschen Film.

Ich war völlig verzweifelt, dass ich jetzt da auf der Ostalp sein musste und nicht sofort nach Berlin konnte. Als Vikarin hatte ich ja Verpflichtungen, ich konnte nicht einfach da abhauen. Es war aber dann super. Mitte/ Ende November konnte ich dann mal ein Wochenende nach Berlin, um dann in Westberlin die Ostberliner Freunde zu treffen, zusammen auszugehen, das war einfach riesig.