Medien und Meinungen

Free Manning, Gefängnisnetz und #yolocaust

04:56 Minuten
21.01.2017
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Die Meldungen der Woche hat Tim Wiese gesammelt: Kurz vor Ende seiner Amtszeit sorgte der inzwischen ehemalige US-Präsident Barack Obama diese Woche noch für Aufsehen: Er hat die Whistleblowerin Chelsea Manning nicht begnadigt - aber ihre Haftstrafe erheblich verkürzt: Manning darf das Gefängnis bereits im Mai verlassen, nicht erst in 28 Jahren.
Die Meldungen der Woche hat Tim Wiese gesammelt:
Kurz vor Ende seiner Amtszeit sorgte der inzwischen ehemalige US-Präsident Barack Obama diese Woche noch für Aufsehen: Er hat die Whistleblowerin Chelsea Manning nicht begnadigt - aber ihre Haftstrafe erheblich verkürzt: Manning darf das Gefängnis bereits im Mai verlassen, nicht erst in 28 Jahren. Sie war zu 35 Jahren Gefängnis verurteilt worden, weil sie geheime Militärdokumente an die Enthüllungsplattform Wikileaks weitergeleitet hatte.
Wikileaks-Gründer Julian Assange hatte vorher angekündigt, dass er sich im Falle einer Begnadigung von Manning an die USA ausliefern lassen würde. Seit über vier Jahren lebt er in der Londoner Botschaft von Equador im Asyl. Gegen ihn liegt ein Haftbefehl wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden vor. Er meldete sich nun per Videobotschaft zu Wort und ließ verlauten, erst einmal abzuwarten, bis Manning tatsächlich frei sei.
Interessant in dieser Woche war auch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Die Richter mussten entscheiden, ob Gefängnisinsassen ein Recht auf Internet haben. Geklagt hatte nämlich ein Litauer, der sich im Gefängnis online über Studienangebote informieren wollte, was ihm sogar vom Bildungsministerium nahegelegt worden war. Die Justizbehörde lehnte jedoch den Internetzugang für den Gefangenen aus Sicherheitsgründen ab: Unzulässigerweise, wie jetzt der Europäische Gerichtshof geurteilt hat. Das Internetverbot verstoße gegen die Informationsfreiheit.
Das bedeutet aber nicht, dass jeder Häftling in Europa grundsätzlich ein Recht auf Internet hat. Die Richter wiesen darauf hin, dass das Urteil nicht als generelle Verpflichtung interpretiert werden könnte.
Das Breitband-Meme der Woche ist diesmal: #yolocaust, eine Aktion des Werbefachmanns Shahak Shapira. Die Abkürzung Yolo ("You only live once") ist ein Ausdruck für »Das Leben genießen.« Und das zelebrieren viele am Berliner Holocaust-Mahnmal, das inzwischen ein beliebter Ort für Selfies in ausgefallenen Posen ist. Shahak Shapira irritiert, wie sich dort Besucher in Szene setzen. Schließlich erinnert das Mahnmal an sechs Millionen ermordete Menschen. Deshalb hat er einige der Selfies aus dem Netz gefischt und auf der Seite yolocaust.de veröffentlicht. Das Besondere: Wenn man mit der Maus über die Bilder geht, sieht man die gut gelaunten jungen Leute plötzlich in historische Aufnahmen aus Konzentrationslagern montiert.
Shapira will damit unsere Erinnerungskultur hinterfragen. Allerdings ist sich nicht jeder sicher, ob ihm das gelingt.
Kulturjournalist Fabian Wolff vermisst zum Beispiel den Erkenntnisgewinn. Das Selefiephänomen am Holocaustmahnmal sei altbekannt, außerdem dürfe man nicht vergessen, wie das Mahnmal eigentlich gedacht ist.
Tatsächlich hat der Architekt des Mahnmals, Peter Eisenman, selbsteinmal in einem Interview gesagt, dass es kein heiliger Ort sei und er sich zum Beispiel gut vorstellen könne, dass dort eines Tages Mannequins posieren werden.
Foto: "Chelsea Manning mural" von Timothy Krause, CC BY 2.0