Max Tidof: Rauchverbot schränkt Bürgerrecht ein

Moderation: Liane von Billerbeck · 30.07.2008
Der Schauspieler Max Tidof raucht nach eigenem Bekunden gerne. Deshalb hat er vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Rauchverbot in Kneipen geklagt, weil es zu sehr in seine Rechte als Bürger eingreife, so Tidof. Man müsse eine Lösung finden, die Rauchern wie Nichtrauchern gleichermaßen gerecht wird.
Liane von Billerbeck: In Karlsruhe entscheidet heute das Bundesverfassungsgericht über die Klagen zweier Wirte mit Einraumkneipen, die sich in der Ausübung ihrer Berufsfreiheit eingeschränkt fühlen. Geklagt hat aber auch der Schauspieler Max Tidof und mit dem bin ich jetzt in München verbunden, wo er gerade den Film "Die Piloten - Entscheidung in den Wolken" dreht. Herr Tidof, ich grüße Sie.

Max Tidof: Ich grüße Sie, hallo, servus.

Von Billerbeck: Seit wann gehören Sie zur rauchenden Bevölkerung?

Tidof: Oh, schon sehr lange, ich bin jetzt 48 Jahre alt und ich rauche, glaube ich, seit ich so 12, 13 bin, also richtig so mit 14, also 34 Jahre.

Von Billerbeck: Wie sind Sie denn zum Rauchen gekommen?

Tidof: Na ja, wie ganz viele zum Rauchen gekommen sind, da kam jemand und sagte, rauche eine Zigarette, da war ich nun allerdings zehn oder so was, und sagte, na, und dann sagte er, na dann bist du aber feige, also hat man dran gezogen. Das war aber dann nicht der Punkt, wie ich wirklich aufs Rauchen gekommen bin, das war die erste Zigarette. Dann habe ich so ein bisschen heimlich immer geraucht und irgendwann so mit 12, 13, dann fand man das dann auch toll und so rutscht man dann so ein bisschen da rein. Ich hab dann irgendwann festgestellt, dass ich wirklich gerne rauche, und das ist, glaube ich, dann der richtige Punkt, wie man aufs Rauchen kommt.

Von Billerbeck: Wie viele Zigarette brauchen Sie denn so am Tag?

Tidof: Ich rauche so 40 in der Regel.

Von Billerbeck: Zwei Schachteln.

Tidof: Zwei Schachteln. Und wenn ich jetzt beim Drehen rauche, sprich in den Einstellungen drin auch, dann wird es dann manchmal sehr viel, dann wird es manchmal mir fast zu viel, dann sind es 80 oder so was.

Von Billerbeck: Holla.

Tidof: Ja.

Von Billerbeck: Wenn ein Schauspieler wie Sie so qualmt wie verrückt, muss man ja dazu sagen - was halten denn Ihre Drehpartnerinnen davon?

Tidof: Ach, ich habe bisher noch nie irgendwie schlimme Sachen darüber gehört, das war immer vollkommen in Ordnung. Aber es ist doch das Gleiche mit Knoblauchessen und all dem Zeug, ich meine, wenn es irgendjemanden stört, dann stelle ich das ein. Das war aber bisher nie der Fall, a) scheine ich merkwürdigerweise nicht wirklich nach Rauch zu riechen, ich rauche ja auch gute Zigaretten, Gitanes, ...

Von Billerbeck: Das war jetzt die Werbepause.

Tidof: ... und wenn dem so ist, dann nehme ich halt ein Kaugummi oder irgendetwas, aber das ist, wie gesagt, noch nie dagewesen.

Von Billerbeck: Was hat Sie denn nun dazu gebracht, in Karlsruhe gegen das Nichtrauchergesetz zu klagen?

Tidof: Na ja, ich glaube, dass es verfassungswidrig ist. Es geht mir gar nicht zwingend nur ums Rauchen, sondern einfach um diese Verbote, die sich im Moment einfach anhäufen, und ich finde, dass der Staat mittlerweile in die Rechte der Bürger eingreift, die ihm nicht mehr zustehen.

Von Billerbeck: Der Staat hat aber auch eine Schutzverantwortung für die nichtrauchende Bevölkerung.

Tidof: Ja, die soll ja auch gewährleistet werden, das ist ja das Gute an diesem Gesetz, was ich vollkommen überzogen finde, dass das in den Blick der Öffentlichkeit gerutscht wird, allerdings nicht in dem Maße. Natürlich soll jeder Nichtraucher geschützt werden, aber ein Drittel der Bevölkerung raucht und den Schutz hätte ich dann auch gerne, denn wir sind ja auch nicht ganz wenige. In jedem Falle ist es möglich, ein Gesetz zu verabschieden, was beiden Teilen gerecht wird.

Von Billerbeck: Sie haben Kinder, habe ich gelesen. Wie halten Sie es denn mit dem Rauchen zu Hause? Wenn man so viele Zigaretten raucht, dann ist das ja schwer zu trennen vom Privatleben.

Tidof: Na ja, ich habe ein wirklich sehr, sehr großes Haus und ich setze mich nicht in das Kinderzimmer, um da zu rauchen, das ist wirklich problemlos.

Von Billerbeck: Ich glaube, das Argument vieler Raucher ist ja auch, möglicherweise auch Ihres, dass sie immer rausgehen müssen und sich dann möglicherweise erkälten könnten. Das müssen Sie ja aber dann im Winter vielleicht auch?

Tidof: Nein, das muss ich überhaupt nicht. Diese ganze Passivrauchgeschichte ist ja nun in keinster Weise bewiesen, da müssen wir jetzt nicht drauf kommen, aber darüber ...

Von Billerbeck: Das ist sie schon.

Tidof: Nein, das ist sie nicht, nein, entschuldigen Sie, ...

Von Billerbeck: Ganz klar, da werden wir jetzt einen Dissens behalten, beide.

Tidof: Das können wir dann gerne machen.

Von Billerbeck: Das halten wir jetzt aus.

Tidof: Da sind jetzt die acht Minuten für zu kurz, aber es gibt keine epidemiologische Studie darüber, die irgendwie einen Sinn macht, und wenn ich jetzt davon ausgehe, um ganz schnell Zahlen zu geben, dass die 3.300 Passivrauchtoten in Deutschland, wenn man die als Zahl nimmt, die eben natürlich nicht wirklich bewiesen ist, davon sind ein Drittel über 85 und ein Drittel über 75. Und bei den anderen ist halt eben die Frage, welche Geschichten da wirklich zu geführt haben.

Von Billerbeck: Es gibt ja auch immer das Argument, und dagegen klagen ja auch die beiden Kneipenwirte, dass sie an Umsatz verlieren und es wird sogar von Existenzgefährdung gesprochen. Nun gibt es Untersuchungen aber aus ehemals stark verqualmten Kneipen in Italien und sogar aus dem Trinkerparadies Irland, und die besagen, dass die Kneipen sich schlicht umgestellt haben auf eine andere Klientel, auf Familien nämlich. Da könnte ich Sie ja fragen, fänden Sie es nicht auch schön, wenn Sie Ihre Kinder in die rauchfreien Kneipen mitnehmen können?

Tidof: Klar finde ich das schön, wenn die Zehnjährigen jetzt anfangen, Guiness zu trinken, das finde ich eine ganz tolle Idee.

Von Billerbeck: Okay, eins zu null für Sie.

Tidof: Na ja, auch darüber gibt es eben Studien. Es gibt so und so viele, die wirklich pleite gemacht haben an Einraumgeschichten, dann welche, die irgendwie umgebaut haben und umgestellt haben.

Von Billerbeck: Da kann ich Sie beruhigen, die Pleite hat nicht mit dem Rauch zu tun, da gibt es Untersuchungen vom Statistischen Bundesamt, sie hat mit dem allgemeinen Konsumklima zu tun und mit den Preisen fürs Bier zum Beispiel.

Tidof: Gut, wie gesagt, mit Statistiken sollten wir glaube ich nicht reden, denn es geht mir ja darum ...

Von Billerbeck: Klar, wenn Sie Ihnen nicht passen, dann ...

Tidof: Nein, das stimmt nicht, da müsste ich runtergehen, dann müssten wir eine kleine Pause machen, dann hole ich mir die Unterlagen hoch und dann lese ich Ihnen meine Zahlen vor und Sie lesen Ihre Zahlen vor ...

Von Billerbeck: Und ich meine, gut. Und dann sagen wir, okay, patt.

Tidof: Das ist eine Hasenjagd, Entenjagd. Das ist eine Geschichte, darüber sollen sich im Prinzip andere die Köpfe einhauen, denn es geht mir ja darum, dass man für beide eine Lösung findet, für beide Parteien, und das ist dann, was wir quasi anstreben, das spanische Modell.

Von Billerbeck: Das heißt also, eine Kneipe unter 100 Quadratmeter.

Tidof: Eine Kneipe, die groß genug ist, die Räumlichkeiten hat, die bietet Räumlichkeiten für beide Parteien, so dass niemand da beeinträchtigt wird. Und diejenigen, die zu klein sind oder diese räumlichen Möglichkeiten nicht haben, die können sich einfach aussuchen, nach der Klientel, die sie haben, ob sie ein reines Raucherlokal machen oder ein reines Nichtraucherlokal. Und damit wäre eigentlich allen gedient, denn wenn ich Raucher bin, dann gehe ich wahrscheinlich eher in die Raucherlokale, und wenn ich Nichtraucher bin, eher in die anderen, und wo ist dann das Problem? Und jeder Wirt wird sich einstellen auf die Kundschaft, die er hat, das heißt, wenn ich ein rauchender Wirt bin, ich habe aber sehr viel mehr Nichtraucherkunden, dann mache ich halt ein Nichtraucherlokal und gehe als Wirt raus, und umgekehrt genau das Gleiche.

Von Billerbeck: Was machen Sie denn nun, wenn Karlsruhe heute nun für den Nichtraucherschutz plädiert und die Klagen abweist?

Tidof: Da kann ich erst mal nichts machen, ich wüsste jetzt nicht, was die nächste Instanz wäre, die ist dann glaube ich der Herr mit dem Rauschebart, oder? Karlsruhe, da liegt ja nicht viel drüber. Und darüber mache ich mir erst mal noch keine Gedanken, denn erst warte ich das Urteil ab, und da ich ja davon ausgehe, dass es wirklich verfassungswidrig ist, dieses Gesetz, wie es gehandhabt wird, dass dieses Urteil positiv für mich ausfallen wird.

Von Billerbeck: Eine Frage, die bleibt natürlich zum Schluss: Haben Sie jemals ans Aufhören gedacht?

Tidof: Ich habe mal aufgehört, als mein Theatervater mir sagte, ich bin so dünn auf der Bühne, dass man mich nicht sieht. Da habe ich dann drei Monate aufgehört zu rauchen und als ich dann wieder so dick war, dass er sagte, man erkennt mich wieder, habe ich dann wieder angefangen, weil ich gerne rauche. Ich würde definitiv aufhören zu rauchen, wenn ich eine starke Beeinträchtigung merke.

Von Billerbeck: Und da sind Sie noch nicht.

Tidof: Da bin ich noch überhaupt nicht, und ich glaube auch gar nicht, dass ich dahin komme, aber das weiß man nicht, dann werde ich logischerweise die Entscheidung für mich treffen, und das tue ich mit allem. Das geht ja nicht nur ums Rauchen, sondern um die Sachen, die ich mache oder mein gesamtes Leben. Letztendlich bin ich absolut exzentrisch und tue nur das, was mir gut tut.

Von Billerbeck: Vor der heutigen Entscheidung der Karlsruher Richter über die Klagen gegen das Rauchverbot sprachen wir in München mit dem Schauspieler Max Tidof, der auch geklagt hat. Ich danke Ihnen!