Mathias Greffrath liest ein Bild …

"Das Beste aus zwei Welten"

Auf dieser Fotomontage hat der Architekt Arnold Brandlhuber ein mehrstöckiges Gebäude auf den Flughafen Tempelhof montiert.
Auf dieser Fotomontage hat der Architekt Arnold Brandlhuber ein mehrstöckiges Gebäude auf den Flughafen Tempelhof montiert. © Brandlhuber+ / Montage Cornelia Müller / 2015
Mathias Greffrath im Gespräch mit Andrea Gerk · 02.01.2018
Ein Bild zwischen Fiktion und Realität. Der Architekt Arnold Brandlhuber entwirft in einer Fotomontage vom Tempelhofer Feld eine Vision vom städtischen Leben. Publizist Mathias Greffrath findet das Bild bedrohlich – und meditativ.
"Menschen tauchen nicht auf. Es ist auch nicht dramatisch. Man sieht ein großes freies Feld auf der unteren Hälfte dieses breiten Fotos. Das sieht aus wie ungepflügte, schwarze Erde und dahinter einen riesenlangen gebogenen Riegel. Das Ganze ist – das sieht man wahrscheinlich ziemlich schnell, auch wenn man nicht Berliner ist – der Flughafen Tempelhof mit diesem alten Nazi-Flughafenbau und darauf hat der Architekt Brandlhuber ein achtstöckiges Gebäude gesetzt, ein Zitat des berühmten Bikini-Hochhauses am Bahnhof Zoo."
Hochhausbauten, die den Blick in die Ferne versperren, diese Vorstellung schreckt viele Menschen wohl eher ab. Auch auf ihn wirke das Hochhaus auf Brandlhubers Fotomontage erst einmal bedrohlich, erklärt Publizist Matthias Greffrath:
"Es erinnert an die Naziarchitektur. Man denkt an Prora, an diesen gigantische Freizeitanlage auf Rügen. Es sieht wie eine Kaserne aus. Man mag das eigentlich überhaupt nicht."

Schöner Wohnen für alle?

Die meisten Menschen würden heute lieber in einer großzügig geschnittenen Altbau-Wohnung leben als in einem Hochhaus, erklärt Publizist Matthias Greffrath:
"Aber was wir uns dabei nicht klarmachen ist, dass dieses schöne Wohnen eigentlich nur bei Städten im Niedergang geht, so wie West-Berlin und Ost-Berlin es auch einmal eine Zeitlang war."

Brandlhubers Vision vom städtischen Leben

Auch wenn das Hochhaus auf der Fotomontage erst einmal abschreckend wirke, auf den zweiten Blick offenbarten sich aber die Vorteile von Brandelhubers städtischer Vision, erklärt Greffrath:
"Wenn man sich den Kontrast anschaut zwischen diesem freien Feld, dem Flughafen Tempelhof, und diesem modernistischen, sehr massivem Bauwerk, dann fängt man doch an darüber nachzudenken, was machen wir eigentlich mit dem Grund und Boden in dieser Stadt?"
190.000 zusätzliche Wohnungen brauche es in Berlin, sagt Greffrath.
"Und dies ist ein Vorschlag, wie man das Beste aus zwei Welten hätte vereinbaren können: Man macht am Rande ein massives Ding, wo man zunächst einmal einen Schreck kriegt – und man hätte das freie Feld."
(mw)
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