Maschinenmenschen und Häuserschluchten

Von Vanja Budde · 20.01.2010
Er war der teuerste und größte Film, der bis dahin in Deutschland gedreht worden war, sein Flop an den Kinokassen ruinierte die UFA. Nun wurde die lange verschollen geglaubte Langfassung von Fritz Langs "Metropolis" (1927) rekonstruiert. Sie war 2008 im argentinischen Filmmuseum aufgetaucht.
Die Handlung in Kürze: "Metropolis" ist eine Technik-Stadt der Zukunft. Die Oberschicht gibt sich dem Müßiggang im Luxus hin, die Arbeiter hausen wie babylonische Sklaven unter der Stadt, wo sie an gigantischen Maschinen schuften.

Der Fabrikant Joh Fredersen steuert Metropolis aus dem "Neuen Turm Babel". Sein Sohn Freder verliebt sich in Maria, die Revolutionärin aus der Unterstadt. Ein Aufstand der Arbeiter zerstört Metropolis' monströse Maschinen, aber auch die Unterstadt. Dann ein Happy End, das Fritz Lang später bedauerte: Kapitalist und Arbeiter versöhnen sich unter dem Motto "Der Mittler zwischen Hirn und Händen muss das Herz sein".

Riesige Wolkenkratzer unter einem düsteren Himmel, Straßenschluchten mit scheinbar schwebenden Schienenbahnen, Neonlichter und Maschinen-Menschen: Fritz Lang schuf mit "Metropolis" neue visuelle Effekte, die auch heute noch beeindrucken.

Für sein Monumentalwerk malträtierte der tyrannische Perfektionist 30.000 Komparsen und verschliss mehr als eine Million Meter Filmmaterial.

Dass "Metropolis" eines der großen Meisterwerke der Filmgeschichte ist, erschloss sich dem Publikum aber 1927 noch nicht.

In den weltweiten Verleih ging damals eine um fast ein Drittel gekürzte und inhaltlich verstümmelte Version. Die etwa vier Stunden lange Originalfassung galt jahrzehntelang als verschollen.

Dennoch beeinflusst der Film ganze Generationen von Science-Fiction-Regisseuren. Pop-Stars wie Queen und Madonna zitieren "Metropolis" in ihren Musik-Videos.

2001 veröffentlicht die Rechteinhaberin an "Metropolis", die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, die bis dato werkgetreueste und längste Rekonstruktion, mit einer Spielzeit von 147 Minuten.

Doch dann im Sommer 2008 die Sensation: Im argentinischen Filmmuseum in Buenos Aires finden sich Filmrollen mit einer Kopie der verloren geglaubten originalen Langfassung. Damit kann sie annähernd wiederhergestellt werden: die Urfassung von "Metropolis", des berühmtesten Stummfilms der deutschen Geschichte.

Service:
Anlässlich ihres 60. Jubiläums zeigt die Berlinale am 12. Februar die vollständige Fassung von "Metropolis", der Kultursender Arte strahlt sie zeitgleich zur Premiere im Berliner Friedrichstadtpalast und in der Alten Oper in Frankfurt aus, die Berliner Kinemathek widmet dem wiederhergestellten Jahrhundertwerk schon ab dem 21. Januar eine Ausstellung.