"Man sollte hier nicht die alten Schlachten schlagen"

Moderation: Christopher Ricke · 16.02.2007
Der nordrhein-westfälische Familienminister Armin Laschet hat für eine Mäßigung in der Debatte um die Kinderbetreuung plädiert. Die Diskussion müsse geführt werden, ohne den Menschen vorzuschreiben, wie sie zu leben hätten, sagte der CDU-Politiker.
Christopher Ricke: In der Diskussion über die richtige Familienpolitik gibt es nicht erst seit der verheerenden UNICEF-Studie zwei K-Fragen, die nach den Killerspielen und die nach den Krippenplätzen. Bei den Killerspielen will Bayern schneller, härter und konsequenter vorgehen als Bundesfamilienministerin von der Leyen. Bei den Krippenplätzen sind es die konservativen Männer in der Union, die sich jetzt darüber empören, dass die klassische Hausfrau und Mutter diskreditiert werde. Der Bundesrat wird sich mit den Killerspielen beschäftigen. Die Kinderbetreuung wird eher in den Ländern und Kommunen organisiert als im Bund. Es ist also an der Zeit, einen Landespolitiker zu fragen. In Nordrhein-Westfalen ist das der Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration, Armin Laschet, von der CDU. Guten Morgen Herr Laschet!

Armin Laschet: Guten Morgen!

Ricke: Lassen Sie uns mit den Killerspielen beginnen: Die Initiative der Bundesministerin zielt auf ein Verkaufsverbot. Die aus München, die wollen Herstellung und Verbreitung solcher Computerspiele mit Gefängnis- oder Geldstrafe bestrafen. Schießt da jetzt Bayern über das Ziel hinaus oder greift Frau von der Leyen zu kurz?

Laschet: Nein, ich denke, wir haben bisher eine Position der 16 Länder gehabt, die sich darauf verständigt haben, dass sie diesen Jugendschutz gemeinsam gehen, diesen Weg, dass sie auf einer unabhängigen Selbstkontrolle bestehen, wo man gemeinsam mit der Wirtschaft eine Alterskennzeichnung für Computerspiele vornimmt, und dass diese das Jugendschutzmittel ist, und aus dieser gemeinsamen Position der Länder bricht Bayern ein wenig aus, indem es nun ein generelles Verbot auch für über 18-Jährige dieser Spiele fordert. Insofern habe ich in dieser Woche mit der Bundesfamilienministerin zusammen Punkte vorgelegt, wie man den Jugendschutz verbessern kann, ohne gleich das Kind mit dem Bade auszuschütten.

Ricke: Na ja, aber so ganz Unrecht haben die Bayern ja nicht, denn ein Verkaufsverbot oder eine bessere Beschriftung, etwas mehr Kontrolle an den Kassen, das erwischt ja nur die physisch greifbaren Spiele, nicht die, die man im Internet runterladen kann, und diese Downloadausgaben, die wären natürlich noch reizvoller. Also wäre es nicht klug, alle Absatzwege im Blick zu haben?

Laschet: Also ich glaube auch, dass der bayrische Vorstoß nicht verhindern wird, dass Kinder und Jugendliche aus dem Internet bestimmte Computerspiele herunterladen können. Darüber hinaus werden bei den Jugendlichen die Spiele auch nicht nur im Laden verkauft, sondern man macht sich Kopien und tauscht die untereinander aus. Und deshalb ist es unser Ziel, das Ziel von Frau von der Leyen und von einigen Bundesländern, die Strukturen zu verbessern, Eltern an die Hand zu geben eine Beurteilung der Spiele, das Jugendschutzgesetz besser zu machen als generell Computerspiele zu verbieten. Und auch unsere Verfassung lässt das im Übrigen nicht zu, dass wir für über 18-Jährige so eine Art Vorzensur einführen, indem Sie bestimmte Spiele gar nicht erlauben. Ich glaube, da werden wir auch über den bayerischen Vorschlag noch intensive Diskussionen haben.

Ricke: Lange vor Verboten und Sanktionen könnte ja – das wäre wünschenswert – der gesunde Menschenverstand greifen, und da sind wir bei der Ausbildung desselbigen und schon beim zweiten Thema, den Kinderkrippen, dem vorschulischen Lernen, dem Betreuen, dem Erwerben von Sozialverhalten und der Möglichkeit, Frauen erwerbstätig zu sein. Jetzt gibt es aber in Ihrer Partei beziehungsweise in Ihrer Schwesterpartei, der CSU, Proteste, dass das konservative Weltbild beschädigt werde, dass die Rolle der Hausfrau und Mutter entwertet werde, und die SPD lobt im Gegenzug Frau von der Leyen für die Übernahme sozialdemokratischer Positionen. Ist denn die Bundesministerin noch in der richtigen Partei?

Laschet: Also ich glaube schon, dass sie in der richtigen Partei ist. Auch in Bayern gibt es Krippenplätze, also die Diskussion wird da im Moment etwas sehr verkürzt geführt, und ich finde auch, dass man hier nicht die alten Schlachten schlagen sollte. Also wenn der SPD-Generalsekretär jetzt sagt, das sei quasi ein antiquiertes Frauenbild, was die Union da, dann trifft das nicht den Kern. Wir in Nordrhein-Westfalen haben beispielsweise bei Regierungsübernahme von 39 Jahren SPD-Politik nur 2,8 Prozent Plätze für unter Dreijährige vorgefunden. Das ist eine ganz miserable Ausgangslage, und wir haben gesagt, wir wollen diese Plätze verbessern, damit Vereinbarkeit von Familie und Beruf leichter möglich wird. Aber diese Debatte sollte man führen, ohne nun Menschen vorzuschreiben, wie sie zu leben haben. Wir brauchen mehr Plätze, weil Vereinbarkeit heute in Deutschland ein großes Problem ist, das hat auch die UNICEF-Studie belegt. Aber wir brauchen auch keine Botschaften des Staates, dass nun alle Kinder möglichst ab einem Jahr in die Krippe müssen. Das ist das, was wir auch nicht brauchen, sondern Eltern sollen das selbst entscheiden, und wer sagt, ich erziehe Kinder auch zu Hause, der hat mindestens den gleichen Respekt verdient.

Ricke: Dann ist doch der Vorschlag des Familienverbandes ein kluger, der sagt, man soll nicht das Geld in die zusätzlichen Krippenplätze pumpen, sondern lieber den Eltern geben. Die könnten sich dann die Betreuung kaufen, die sie brauchen, oder auch zu Hause bleiben und sich selbst um die Kinder kümmern, wenn sie eben keine staatliche oder kommunale oder kirchliche Betreuung wünschen. Wäre das nicht ein vernünftiger Kompromiss, mehr Geld für die Familie?

Laschet: Das wäre wünschenswert, aber sie brauchen, um jeder Familie, die ein Kind bekommt in Deutschland, wenn Sie da eine vergleichbare Summe geben würden, brauchen Sie so viele Milliarden, die im Moment nicht bereit stehen.

Ricke: Warum ist es teurer, die Kinderkrippen auszubauen als das Geld direkt weiterzugeben? Wir reden doch über ein und dieselbe Summe.

Laschet: Nein, das ist nicht wahr, weil wir reden darüber, dass Sie dann ja jedes Elternpaar, wo Vater oder Mutter die Kinder zu Hause betreuen, eine vergleichbare Summe geben müssten, und dann erreichen Sie mit einem Schlag 670.000 Eltern, denn so viele Kinder werden in Deutschland geboren, und die Summe müsste ja auch für alle vergleichbar sein, damit es gerecht zugeht. Also das ist im Moment nicht finanzierbar, und insofern ist der Gedanke, die Plätze für die unter Dreijährigen auszubauen, ohne nun das eine gegen das andere auszuspielen, aus meiner Sicht der richtigere Weg.

Ricke: Vielen Dank, Armin Laschet.
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