Maliki in Deutschland

Von Michael Groth · 22.07.2008
Kein Zweifel: im Irak lässt sich Geld verdienen. Die Fakten sprechen für sich. Das Land verfügt über die drittgrößten Erdölreserven, sowie über die fünftgrößten Erdgasreserven. Und es ist zerstört. Der Irak braucht ein verlässliches Stromnetz, neue Straßen, moderne Ölförderanlagen. Er braucht Brücken, Maschinen, Lastwagen. Er braucht, vor allem, Investoren.
Der Deutschlandbesuch des irakischen Ministerpräsidenten Maliki ist Teil einer wirtschaftspolitischen Welttournee. Einer Tournee, in der die Bundesrepublik nach dem Wunsch der Iraker eine besondere Rolle spielen soll. Deutschland hat im Mittleren Osten einen traditionell guten Ruf. Die deutsche Industrie schloss unter dem Diktator Saddam Hussein beste Geschäfte ab. In den frühen achtziger Jahren lag Deutschland im Irak-Geschäft mit einem Exportvolumen von umgerechnet vier Milliarden Euro vorn. Damals erwarb man sich in Bagdad den Ruf guter und solider Arbeit – ein Ruf der offenkundig in der Region bis heute gilt. Den handelspolitischen Tatsachen entspricht dies nicht mehr. Der Irak rangiert auf Platz 86 der deutschen Exporte – 2007 betrug deren Wert 320 Millionen Euro.

Die Zeit ist reif, dies wieder zu ändern. Dabei muss sich die deutsche Wirtschaft beeilen. Italiener, Engländer und Franzosen stehen in den Startlöchern, die Amerikaner sowieso.

Die Gretchenfrage aber bleibt: Ist der Irak heute in der Lage, deutschen Unternehmern neben Gewinnen auch hinreichend Sicherheit zu gewähren? Malikis uneingeschränktes "Ja" auf diese Frage muss bezweifelt werden. Die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gilt nach wie vor, und dies zu Recht. Zwar geht die Zahl der Überfälle und Entführungen zurück; auch die ethnischen Konflikte scheinen derzeit unter Kontrolle der Regierung.

Dennoch muss jeder Investor sein Personal im Irak beschützen – die zum Teil aufwendigen Sicherheitsaktionen mögen für Großkonzerne tragbar sein. Für Mittelständler aber könnten sie zum unüberwindlichen Hindernis werden, zumal etliche Versicherungen noch immer davor zurückschrecken, die Risiken zu tragen.

Der jüngste Besuch des deutschen Wirtschaftsministers – der erste eines deutschen Regierungsmitgliedes seit dem US-Einmarsch 2003- deutet ebenso wie die heutigen Worte der Kanzlerin auf einen Sinneswandel. Offenkundig betrachtet man die gefährliche Phase im Irak als beendet.

Investoren kann man nur ermutigen – auf anderen Gebieten kann geholfen werden. Das gilt für die Aufnahme christlicher Flüchtlinge, es gilt vor allem für deutsche Ausbildungshilfe, etwa für Polizisten und Verwaltungsbeamte. Maliki nimmt dies gerne an – ergänzt durch den Wunsch, diese Ausbildung möge doch bitte im Lande stattfinden. Ob, und wenn ja, wie die Bundesregierung auf diesen Wunsch eingeht, kann als Gradmesser dienen, ob die warmen Worte ernst gemeint sind, mit denen dieser Tage für deutsch-irakische Wirtschaftskontakte geworben wird.