Lyriksommer: Emily Dickinson

Ich bin niemand. Wer bist Du?

Emily Dickinson
Emily Dickinson (1830-1886) © Imago/United Archives International
Gäste: Gunhild Kübler und Heinz Ickstadt / Moderation: Dorothea Westphal · 10.08.2018
Gut 150 Jahre sind die Gedichte der amerikanischen Dichterin Emily Dickinson alt - und sie gelten auch heute noch als kühn, modern und rätselhaft. Dafür sorgt der unkonventionelle Umgang mit der Sprache.
Emily Dickinson hatte zu Lebzeiten auf die Veröffentlichung ihrer Gedichte und damit auf möglichen Ruhm verzichtet. Nur zehn wurden anonym und ohne ihre Zustimmung in Zeitungen abgedruckt. Dickinson schrieb ihre Gedichte in Notizbücher, die sie in einer Kiste aufbewahrte.
Kaum jemand wusste also im 19. Jahrhundert von ihr. Doch inzwischen, knapp 130 Jahre nach ihrem Tod, ist Emily Dickinsons Bedeutung unbestritten. Sie gilt längst als eine der berühmtesten amerikanischen Dichterinnen – und ist doch für viele ein Geheimtipp geblieben. Das Verblüffende: Ihre meist knappen Gedichte muten völlig modern an. Denn die Dichterin, die 1886 im Alter von 55 Jahren starb, war ihrer Zeit literarisch weit voraus.
Geist, Witz und Experimentierfreude
Bei der Lektüre staunt man immer wieder, wie viel Geist, Witz und Experimentierfreude und welches Wissen von der Welt und der Vielschichtigkeit der Gefühle in diesen Gedichten stecken. Die ganze Bandbreite dieser Dichterin kann man jetzt entdecken. Erstmals gibt es jetzt eine Übertragung all ihrer Gedichte ins Deutsche: Eine zweisprachige Ausgabe, die im Hanser-Verlag erschienen ist, samt Anmerkungen und einem Nachwort von der Übersetzerin und Herausgeberin Gunhild Kübler.
Mit Gunhild Kübler und dem emeritierten Amerikanistik-Professor Heinz Ickstadt spricht Dorothea Westphal über das ungewöhnliche Leben von Emily Dickinson, das Besondere ihrer Lyrik und dieses große Projekt der kompletten Übersetzung.

Emily Dickinson: Sämtliche Gedichte
Zweisprachige Ausgabe
Herausgegeben, übersetzt und mit einem Nachwort von von Gunhild Kübler
Carl Hanser Verlag, München 2015
1408 Seiten, 49,90 Euro

Unser Lyriksommer
In unserer Reihe "Lyriksommer" beschäftigen wir uns im August immer freitags um 19.30 Uhr und sonntags um 0.05 Uhr mit Themen rund um die Lyrik. Bereits gesendet:

Poetischer Sprengstoff: Eine Reise durch Israel und Palästina zehn Jahre nach dem Tod des Dichters Mahmoud Darwish
Feature von Noemi Schneider
(Zeitfragen Literatur, 3. August 2018, 19.30 Uhr)

Drei Kritiker, drei Empfehlungen: Maren Jäger sowie Jan Bürger und Gregor Dotzauer diskutieren und empfehlen Lyrik-Neuerscheinungen. Eine Aufzeichnung aus dem Deutschen Literaturarchiv in Marbach vom 18.7.2018. Moderation: Barbara Wahlster (Literatur, 5. August 2018, 0.05 Uhr)

Die nächsten Termine:
Sonntag 12. August, 0.05 Uhr, Literatur
Plastikmüll, Migranten und der Rausch der Tiefe
Fluide Verse übers Meer
Von Tobias Lehmkuhl

Freitag, 17. August, 19.30 Uhr, Zeitfragen Literatur
Letzter Koitus, letzter Tanz
Lyriker bedichten ausgestorbene Tierarten
Von Astrid Mayerle

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