Loyale Beamte per Erlass

Von Bert-Oliver Manig · 07.04.2013
Um sich die Macht in den Verwaltungen zu sichern, erließen die Nationalsozialisten am 7. April 1933 ein Gesetz zur Säuberung der Amtsstuben. Es bot eine legale Grundlage zur Entlassung Missliebiger, um Platz für regimetreue Staatsdiener zu schaffen.
Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme herrschte unter Postenjägern im öffentlichen Dienst Aufbruchsstimmung. In vielen Gemeindeverwaltungen kam es im März 1933 zu wilden Säuberungen und in den staatlichen Behörden nahm die Denunziation von Vorgesetzten ein solches Ausmaß an, dass die Arbeitsfähigkeit der Bürokratie ernsthaft gefährdet schien. Der Geschäftsführer der NSDAP-Reichstagsfraktion, Hans Fabricius, schrieb am 29. März 1933 an das Reichsinnenministerium:

"Die nationalsozialistische Beamtenschaft erwartet, wie ich täglich feststellen kann, mit geradezu fieberhafter Spannung die Schaffung der gesetzlichen Grundlagen für eine wirklich radikale Säuberung und Neugestaltung des Beamtenkörpers."

Das am 7. April 1933 eilig verkündete "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" verfolgte eine doppelte Zielsetzung: Es bot eine legale Grundlage zur Entlassung Missliebiger, um Platz für nachdrängende regimetreue Staatsdiener zu schaffen. Zugleich aber sollte es wieder für Ruhe in den Amtsstuben sorgen - die neuen Machthaber waren auf eine effiziente Verwaltung angewiesen und wollten sich von lokalen NSDAP-Funktionären und Personalvertretungen nicht ins Handwerk pfuschen lassen. Hermann Göring, als preußischer Ministerpräsident maßgeblicher Dienstherr in Deutschland:

"Die Erneuerung des Beamtentums ist eine der wichtigsten Aufgaben zur Sicherung des neuen Staates, zur Sicherung des Aufbaus eines neuen Preußens. Die Durchführung des von der Reichsregierung erlassenen Berufsbeamtengesetzes ist in vollem Gange. Sie wird den Beamtenkörper von denjenigen Personen befreien, die im nationalen Deutschland in der öffentlichen Verwaltung keinen Platz mehr haben können. Nach der Durchführung des Berufsbeamtengesetzes wird die preußische Beamtenschaft aber auch wieder vollen Anspruch auf diejenige Geltung und Achtung erheben können, die ein sauberer und einwandfreier Beamtenkörper beanspruchen darf und beanspruchen muss."

Mit der Behauptung, das unbestechliche deutsche Berufsbeamtentum wiederherzustellen, knüpfte die Regierung geschickt an die bestehenden Vorurteile konservativer Kreise gegen die Weimarer Republik an. Doch in Wahrheit begann die Parteiherrschaft in der Verwaltung erst mit diesem Sondergesetz vom 7. April 1933, das politisch missliebigen Staatsdienern ihre wohlerworbenen Rechte entzog. Am härtesten traf es zunächst Kommunisten, die ausnahmslos und ohne Ruhegehalt entlassen wurden. Ebenso galten Juden als untragbar, wie Paragraf 3 des Gesetzes deutlich machte:

"Beamte, die nicht arischer Abstammung sind, sind in den Ruhestand zu versetzen."

Mit dem Arierparagrafen wurde erstmals seit der Reichsgründung 1871 eine anti-jüdische Vorschrift ins deutsche Recht aufgenommen. Niemand erhob seine Stimme für die diskriminierten jüdischen Staatsdiener - auch die konservativen Bündnispartner Hitlers hatten seit Langem gefordert, den jüdischen Einfluss im Staat zurückzudrängen. Reichspräsident von Hindenburg setzte sich lediglich für jüdische Weltkriegsteilnehmer ein, die daraufhin vom Arierparagrafen ausgenommen wurden.

Den politischen Gegnern des neuen Regimes half auch die Bewährung im Ersten Weltkrieg nicht. Beamte, die sich in der Weimarer Republik in den demokratischen Parteien, besonders in der SPD, aktiv betätigt hatten, wurden in der Regel entlassen und erhielten nur eine stark gekürzte Pension. Einfache SPD-Mitglieder konnten zumeist durch Bekenntnisse zur neuen Regierung und durch Beitritt zu NS-Organisationen ihre Entlassung abwenden.

An Universitäten und Schulen verfuhr man besonders rücksichtslos. Die Journalistin Inge Deutschkron, deren Vater Sozialdemokrat war, erinnerte daran jüngst im Deutschen Bundestag:

"Nie zuvor und nie wieder habe ich meinen Vater so empört gesehen wie bei der Lektüre eines Briefes mit dem Stempel des 7. April 1933. Der Absender war das Provinzialschulkollegium. Er enthielt die Mitteilung, dass das erste von der neuen Reichsregierung erlassene Gesetz gegen ihre politischen Gegner und Juden auch gegen meinen Vater angewendet werden würde. ‚Ich, der ich als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teilgenommen hatte, dürfte wohl damit meine positive Einstellung zum Nationalstaat bewiesen haben‘, antwortete mein Vater auf diesen Brief. … Einer Antwort seitens des Ministeriums wurde der Oberstudienrat Dr. Martin Deutschkron nicht mehr gewürdigt."