Live vom Goldwaschen in Schwarzburg in Thüringen

15.04.2009
Schwarzburg ist ein kleiner 620-Einwohner-Ort in Thüringen, 20 Kilometer entfernt von der Kreisstadt Saalfeld. Zu DDR-Zeiten war Schwarzburg ein beliebtes Ferien- und Erholungsziel, heute ist es ein schläfriger Ort im Niedergang: Hotels und Restaurants machen der Reihe nach dicht, die Gäste bleiben aus.
Zur Wendezeit gab es noch 17 Gaststätten, heute nur vier, in der DDR hatte Schwarzburg 2000 Gäste täglich, heute hat es nur noch 800 Betten und die sind bei weitem nicht ausgebucht.

Die letzte Hoffnung der Bürger von Schwarzburg: dass die Ruine des Schlosses, der Schwarzburg, die über dem Ort thront, wiederaufgebaut wird und so aufs Neue Touristen und somit Geld lockt. Adolf Hitler wollte sie 1940 zum "Reichsgästehof" umbauen lassen, zurück blieb eine entkernte Ruine, die aus Geldmangel bis heute auf den Wiederaufbau wartet.

Nur das dazugehörige Zeughaus ist jetzt eingerüstet worden, die Bauarbeiten sollen noch in diesem Jahr beginnen. Die zurzeit ausgelagerte historische Waffensammlung soll dann wieder an ihren Ursprungsort zurückgeführt werden. Auch dank der Spende und des Engagements des Fördervereins Schloss Schwarzburg e.V., in dem sich seit 1996 bundesweit 180 Mitglieder – sowohl Einzelpersonen als auch Organisationen – engagieren.

Derzeit finden im renovierten Kaisersaal der Burg Hochzeiten, Vorträge, Lesungen und Konzerte statt, die der Förderverein organisiert. Ziel ist zum 100-jährigen Jubiläum der Unterzeichung der Weimarer Verfassung am 11. August 2019 das Schwarzburger Schloss komplett renoviert zu haben – vorerst ein Fernziel. Es war Reichspräsident Friedrich Ebert, der immer gerne "zur Sommerfrische" nach Schwarzburg kam, der die erste demokratische deutsche Verfassung hier 1919 unterzeichnete - noch wird gestritten, in welchem Hotel genau, aber wahrscheinlich im "Weißen Hirsch".

Doch viele von den Gästen, die heute hierher in die thüringische Provinz reisen, kommen vor allem wegen des Goldes. Thüringen ist ein Zentrum der Goldsucher, hier hat der Goldbergbau Tradition. Im Mittelalter, als die Lagerstätten in Südafrika, Amerika, China und Australien noch nicht entdeckt waren, war Deutschland der zweitgrößte Goldproduzent der Welt.

35 Kilometer entfernt von Schwarzburg, am Südrand des Thüringer Waldes, liegt Theuern, der Wohnort des engagierten Geologen und Goldsuchers Markus Schade und seiner Frau. Seit 37 Jahren sucht er hier nach Gold und hat im Thüringer Gebirge von Eisenach bis an die vogtländische Grenze bislang 253 Bäche gefunden, die Gold führen. Schade, Jahrgang 1954, hat sich damit und mit der Gründung eines Goldmuseums im September 1997 in der alten Burgmühle von Theuern einen Kindheitstraum erfüllt.

Als andere als Kind noch ins Weltall fliegen wollten, plante er schon mit acht Jahren nach einem Besuch des Berliner Naturkundemuseums, Gold zu suchen. Wobei Geduld vonnöten war beim autodidaktischen Erlernen des Goldwaschens: Zwischen dem ersten Versuch im Jahre 1972 und dem ersten Fund von Gold vergingen immerhin zehn Jahre. Die Grundlagen der Geologie lernte Schade in Moskau, wo er 1978 sein Diplom als Geochemiker machte, danach arbeitete er in der DDR als Schachtgeologe bei dem Bergbauunternehmen Wismut, wo er nach Erz suchte.

12 bis 15 000 Touristen kommen im Jahr in das Goldmuseum der Schades und zum Goldwaschen in das Tal der Grümpen. Ebenso ergiebig wie die Grümpen ist auch das Flüsschen Schwarza, das durch Schwarzburg fließt. Im Museum gibt es Goldgräberausrüstungen, Naturgold, Nuggets, Mineralien sowie Schmuck aus Rohgold zu bewundern. In Markus Schades "Goldsucherverein", der bundesweit seinesgleichen sucht, sind 85 Mitglieder, von Kindern bis zu Senioren, vom Straßenbahnfahrer bis zum Professor für Physik.

Drei Mal im Jahr bietet er auch Exkursionen ins Ausland an: Dieses Jahr geht es von Ende Mai bis Mitte Juni in den Westen von Canada, nach British Columbia, auf die Suche nach Natur, Platin und Gold. Dabei geht es den Goldsuchern nicht ums Geld, eben deshalb werden sie oft belächelt. Aber: "Mir macht es nichts aus, wenn ich aus Mitleid oder aus Neid belächelt werde", sagt Markus Schade. Ihn treibt die Forscherneugier, das Erkunden der Geologie.

Der Goldstaub (unter 0,02 mg), der Goldflitter (0,02 – 2 mg), die Goldkörner (2 - 200 mg) und die selten zu findenden Nuggets (ab 200 mg) landen bei ihm nicht im Geldbeutel, sondern unter dem Mikroskop. Dort untersucht er sie auf ihre äußeren Merkmale und zieht daraus Schlüsse über die Herkunft, die Entstehung sowie die Vorkommen von Gold in der jeweiligen Region. Die Funde kommen anschließend ins hauseigene Privatarchiv. Schade hat zu Hause eine der größten Goldsammlungen Deutschlands - nicht was den Wert betrifft (der Materialwert liegt bei ca. 160 Euro), sondern was die Anzahl der Bäche und die fachlich-geologische Bedeutung betrifft.

Übrigens: Alter Streitpunkt zwischen Goldexperten und Anglern ist, ob sich die Fische durch das Goldsuchen gestört fühlen. Nein sagen die einen, ja die anderen. Repräsentative Umfragen dazu sind noch nicht bekannt.

Tagebucheintrag Schwarzburg