Live aus dem Julius Kühn-Institut in Quedlinburg

13.05.2009
Ob Weizen, Gerste, Hafer oder Kartoffeln, ob Mais, Hirse oder Lupinen, ob Petersilie, Dill oder Schnittlauch - all diese und weitere Kulturpflanzen sind Thema des Julius Kühn-Instituts (JKI), dem Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen in Quedlinburg im Harz.
Von den knapp 400.000 bekannten Pflanzen weltweit werden etwa 20.000 als Nahrungs-, Heil und Gewürzpflanzen und für technische Zwecke verwendet. Angebaut werden nur etwa 500 Arten, in Deutschland sind es 200. Genug Arbeit für das JKI, dessen Ziel die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Kulturpflanzen ist: das Institut ist im Zuge der Reform der Ressortforschung im Bereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) am 1. Januar 2008 aus drei Forschungseinrichtungen entstanden und nach dem Begründer des Landwirtschaftlichen Instituts in Halle benannt.

Julius Kühn (1825 - 1910) war damals einer der bedeutendsten Agrarwissenschaftler. Im 19. und 20. Jahrhundert war Quedlinburg ein wichtiges Zentrum der Saatgutwirtschaft und galt als Wiege der Pflanzenzüchtung: Quedlinburger Saatgut war deutschlandweit bekannt, das JKI setzt heute diese zum Teil über hundertjährige Tradition fort. Das Institut ist nicht nur eine Forschungseinrichtung, sondern auch Bundesoberbehörde des BMELV, oberste Dienstherrin ist also derzeit Bundesministerin Ilse Aigner (CSU).

Hauptaufgabe des JKI ist die Beratung der Bundesregierung bzw. des Ministeriums in allen Fragen mit Bezug zur Kulturpflanze. Der Bau des weitverästelten Gebäudes am südlichen Rand von Quedlinburg auf dem Moorberg kostete 46 Millionen Euro. Es gilt als eine der modernsten Einrichtungen seiner Art in Mitteleuropa. Hier stehen Elektronenmikroskope und Technik für die molekularbiologische Forschung ebenso zur Verfügung wie 38 Hektar bewirtschaftete Freiland – und ein Hektar Gewächshausflächen. Letztere erlauben präzise Versuche unter kontrollierten Bedingungen. Die Zuständigkeit des JKI umfasst die Bereiche Pflanzengenetik, Pflanzenbau, Pflanzenernährung und Bodenkunde sowie Pflanzenschutz und Pflanzengesundheit. So können alle wichtigen Themen um die Kulturpflanze – ob auf dem Feld, im Gewächshaus oder im Vorratsschutz – miteinander vernetzt und ganzheitliche Konzepte für die Pflanzenproduktion entwickelt werden. An die 800 Forschungsthemen werden am Institut beackert. Ein wichtiges Ziel dabei ist die gute Qualität von Nahrungs- und Futtermitteln.

Heute ist der Gartenbauwissenschaftler Dr. Georg F. Backhaus Präsident des Bundesforschungsinstituts, 1150 Mitarbeiter forschen in 15 Instituten an 11 Standorten deutschlandweit an Kulturpflanzen, um sie als Lebensgrundlage zu sichern. Standorte sind neben dem Hauptsitz Quedlinburg unter anderen Braunschweig, Kleinmachnow, Dresden-Pillnitz, Siebeldingen, Dossenheim sowie eine Versuchsstation zur Kartoffelforschung in Groß Lüsewitz.

Dazu kommt noch eine gute nationale und internationale Vernetzung, das JKI kooperiert mit einer Vielzahl in- und ausländischer Universitäten und Forschungseinrichtungen, Fachverbände und Gesellschaften: Regelmäßig werden Doktoranden betreut, Wissenschaftler aus Israel und Russland, Ägypten, den USA, Sudan oder Polen forschen hier, umgekehrt gehen auch JKI-Mitarbeiter ins Ausland zum Beispiel nach Australien. Ziel der Forschung ist unter anderem, die Pflanzen genetisch an die sich ändernden Umweltbedingungen anzupassen; der Klimawandel erfordert nicht nur Trocken- und Hitzestress gegenüber tolerantere Sorten, sondern mit der prognostizierten Erwärmung bekommen wir es in Deutschland auch mit veränderten Schaderregerpopulationen zu tun, so können neue Viren, Bakterien, Pilze und Insekten auftreten bzw. solche, welche bisher von untergeordneter Bedeutung waren, erhebliche Schäden verursachen. Die Wissenschaftler des Instituts suchen nach Pflanzen, die Resistenzen gegen die neuen Schaderreger besitzen und versuchen, sie für die Züchtung nutzbar zu machen. Daneben werden auch Pflanzen aus anderen Regionen der Welt geprüft, um Erkenntnisse über deren Anbaueignung in Deutschland zu gewinnen, zum Beispiel Hirse.

Einen Schwerpunkt legen die Forscher auf den Schutz vor Schädlingen und Krankheitserregern. Es werden neue Strategien gesucht, um Pflanzen widerstandsfähig zu machen. Ziel ist durch Züchtungsforschung die genetisch bedingte Widerstandsfähigkeit von Pflanzen gegen abiotischen Stress, das heißt, sich ändernde Umweltbedingungen sowie Krankheiten und biotischen Stress, das heißt, Schaderreger wie Viren und Bakterien zu erhöhen, dadurch einerseits auch unter geänderten Klimabedingungen eine leistungsfähige Pflanzenproduktion zu gewährleisten und wirksam zur weiteren Verminderung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln beizutragen. Oder anders ausgedrückt: Erreicht werden soll dabei die Verbesserung der Resistenz-, bzw. Toleranzeigenschaften landwirtschaftlicher und gartenbaulicher Kulturpflanzen gegenüber biotischem und abiotischem Stress. Das ist eines der Themenfelder, mit dem sich das Institut für Resistenzforschung und Stresstoleranz in Quedlinburg befasst. Weitere Institute dort sind: Epidemiologie und Pathogendiagnostik, Ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz, Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen und Obst, Züchtungsforschung an landwirtschaftlichen Kulturen sowie Sicherheit in der Gentechnik bei Pflanzen. Das JKI ist stellungnehmende Behörde bei Anträgen zur Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen in Deutschland; auch werden Anträge aus der Europäischen Union von ihm überprüft und kommentiert.

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Julius Kühn-Institut