Liebeskummer beim Kindergeburtstag

Von Eberhard Spreng · 24.11.2012
Shakespeares Komödie "Was ihr wollt"erzählt von Menschen, die begehren, die sich über Standesgrenzen hinweg verlieben und sich täuschen. Am Berliner Ensemble hat jetzt Katharina Thalbach das Verwechslungsspiel auf die Bühne gebracht, mit Bassbariton Thomas Quasthoff als Narr.
Hoppla! Wo sind wir denn hier hineingeraten? Große Kunstharzmuscheln liegen am Bühnenportal herum. Ein Haifisch segelt vor einem großen Meeresprospekt herum. Thomas Quasthoff schwebt mit knallrot geschminkten Wangen, Lorbeerkranz und Schwimmwestlein in einer Regenschirmgondel über die Vorderbühne.

Unten deuten Sebastian und Antonio gleich beim ersten Auftritt eine Fick an und Orsino - gespielt von Larissa Fuchs - grölt in forcierter Machomanier: "Wenn die Musik die Nahrung für die Liebe ist ..." Illyrien ist hier kein Liebestraumland, in dem qua Geschlechterverwechslung lange keiner den/die kriegt, den/die er haben will, sondern ein Kinderkarussell, auf dem sich eine Ballermann-Horde austobt.

Ein rundes Ding, irgendwie Schiff, irgendwie Strandumkleide kreiselt da vor sich hin, bevölkert von grimassierenden Knallchargen, von denen jeder mal ein Liedchen trällern darf: "Nothing compares to you", "All I have to do is dream", "Fever" oder "I will survive". Klar, dass kein Mensch kapiert, warum Sabin Tambrea in der Doppelrolle Viola/Sebastian plötzlich den Kopf hängen lässt. Och Gottchen, Liebeskummer beim Kindergeburtstag?

Das Publikum bejubelt jeden derben Witz und jedes Liedchen, vor allem aber Quasthoff, der in das Dudel-, Dödel-, Blödelheater ein paar erste barocke Lieder einstreut, begleitet von der Lautten Comgagney Berlin. Der Narr, der in Liebesdingen alles schon verstanden hat, bleibt für sich und der große Sänger behält in all dem Quark ein wenig szenische Autonomie.

Das Berliner Ensemble ist jetzt ein Boulevardtheater und hat für die Weihnachtszeit sein Musical für die ganze Familie, aber warum gibt es dafür Subventionen?

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