Liberale Moscheegemeinde in Berlin

"Der Islam ist plural"

Die Imamin Seyran Ates und Mitglieder der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin
Die Imamin Seyran Ates und Mitglieder der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin © picture alliance / dpa / Sören Stache
Seyran Ates im Gespräch mit Christian Rabhansl · 17.06.2017
Zeigen, dass Islam, Demokratie und Gleichberechtigung der Geschlechter sehr wohl miteinander vereinbar sind: Das will Seyran Ates mit der von ihr gegründeten liberalen Moscheegemeinde in Berlin. Dafür habe sie von Muslimen bisher vor allem Zuspruch erfahren.
In den Räumen einer evangelischen Kirchengemeinde in Berlin ist am Freitagabend die liberale Ibn-Rushd-Goethe-Moschee eröffnet worden.
Dass die Eröffnung unter Polizeischutz stattfand, ist der Gründerin der Moscheegemeinde, Seyran Ates zufolge, lediglich auf die allgemeine Bedrohungslage durch Islamisten zurückzuführen. Persönlich hingegen habe sie "mehrheitlich positive Rekationen" erfahren, betonte sie im Deutschlandfunk Kultur.
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Cover-Abbildung: Seyran Ates: Selam, Frau Imamin, Ullstein-Verlag© Ullstein-Verlag
So bekomme sie "unglaublich viele Zuschriften, auch von türkischen, kurdischen und arabischen Männern – auch Geschäftsmännern", sagte die deutsch-türkische Rechtsanwältin und Frauenrechtlerin. "Der eine spendiert uns die Schilder, die Flyer, der andere… den ganzen Tag bekommen wir Snacks und Getränke und Kaffee und Tee." Auch von Menschen, die zum Beten kommen wollten, gebe es viel Zuspruch.

"Eine große Kränkung und Diskriminierung"

Sie erlebe es als "große Kränkung und Diskriminierung", dass bisher in Deutschland keine einzige Moschee existiert habe, in der sie als Frau wirklich gleichberechtigt sei.Die in den meisten Moscheen vorherrschende räumliche Trennung nach Geschlechtern sei für sie ein Sinnbild der "Gender-Apartheid", betonte Ates. "Die Männer kriegen den schönen großen Gebetsraum - die Moschee gehört den Männern!"
Ates kritisierte außerdem das Demokratieverständnis, das in vielen Moscheegemeinden herrsche: Dort würden Andersdenkende oft nicht toleriert. "Es sagen mir ganz viele Männer, die jetzt auch zu uns kommen nach und nach: Man kann selten in eine Moschee gehen und dort mal Zweifel äußern, diskutieren wollen, eine andere Meinung haben."

Viele Imame haben die Wahrheit für sich gepachtet

Stattdessen hätten viele Imame und Hodschas gewissermaßen die Wahrheit für sich gepachtet: "Sie wissen, was 'der' richtige Islam ist, sie wissen, was ein guter Moslem ist", so Ates. "Und das verkünden sie in einer Art und Weise, dass die Gläubigen sich schlecht fühlen, wenn sie nicht das machen, was der Imam von Moschee an der Ecke gesagt hat. Und das finde ich falsch! Der Islam ist plural, viel pluraler."
Die Geschichte der Gründung ihrer Moscheegemeinde schildert Ates in ihrem neuen Buch "Selam, Frau Imamim. Wie ich in Berlin eine liberale Moschee gründete".

Seyran Ateş: "Selam, Frau Imamin. Wie ich in Berlin eine liberale Moschee gründete"
Ullstein-Verlag, Berlin 2017
304 Seiten, 20,00 Euro

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