Lehrer Martin Aufmuth

Erfinder der Ein-Dollar-Brille für Entwicklungsländer

Der Erlanger Realschullehrer Martin Aufmuth präsentiert eine "Ein-Dollar-Brille".
Der Erlanger Realschullehrer Martin Aufmuth mit einer "Ein-Dollar-Brille". © picture alliance / dpa / Daniel Karmann
Moderation: Katrin Heise  · 12.12.2017
In Entwicklungsländern sind Brillen teurer als hierzulande. Um das zu verändern, entwickelte der Lehrer Martin Aufmuth ein Gerät, mit dem man einfache Brillengestelle produzieren kann. 100.000 Menschen in Indien, Bolivien oder Burkina Faso hat er inzwischen mit seiner "Ein-Dollar-Brille" versorgt.
Bei uns gibt es sie schon für einen Euro, in den Entwicklungsländern nicht – eine einfache Brille. Warum ist das so? Das fragte sich der Mathematik- und Physiklehrer aus Erlangen, Martin Aufmuth. In seiner Waschküche entwickelte er ein Gerät, mit dessen Hilfe man ohne Strom einfache Brillengestelle herstellen kann.
Viele Menschen wüssten gar nicht, wie schlecht sie sehen, weil sie noch nie einen Sehtest gemacht haben, sagte Aufmuth im Deutschlandfunk Kultur. In manchen Gegenden gebe es das Wort "Brille" gar nicht. Es sei nicht immer leicht, die Menschen zunächst einmal zum Augentest zu bringen. Aber dann sei es oft bewegend, ihre ersten Momente des klaren Sehens mitzubekommen:
"Der Augenblick, wenn die dann das erste Mal die Brille aufsetzen, ist schon oft frappierend. Wie die dann oft minutenlang dastehen und staunen, was sie jetzt alles sehen. (…) Der eine Mann hat gesagt: Oh, er sieht die Vögel! Bisher hat er sie 80 Jahre lang nur gehört. Oder Leute, die das erste Mal ihre Ehefrau sehen oder die Hütte von ihrem Nachbarn."

"Uns geht es um den Aufbau einer augenoptischen Grundversorgung"

Vor Ort werden direkt Optiker ausgebildet und Menschen in die Technik der eigens entwickelten Brillenbiegemaschine eingeführt. Diese Leute können dann vom Brillenkauf leben.
"Uns geht es um den Aufbau einer augenoptischen Grundversorgung und da gehört die Herstellung der Brillen dazu - und auch, dass die Leute, wenn die Brille mal kaputt ist, sich auch günstig wieder eine neue kaufen können. Entwicklungshilfe als Social Business und nicht so, dass man jetzt einmal mit Alt-Brillen Köfferchen hinfährt und ein paar Leute versorgt. Das Problem ist ja dann, wenn die Brille nach ein, zwei Jahren zerkratzt ist, dann sehen die ja wieder nichts, und dann ist die Frage, was war schlimmer – vorher, wenn sie nicht wussten, wie schön Sehen sein kann, oder dann hinterher, wenn sie dann keinen Zugang mehr haben. Nachhaltige Entwicklungshilfe ist für mich, dass es auch morgen und übermorgen noch funktioniert."
Der Realschullehrer Martin Aufmuth aus Erlangen hat im Keller seines Hauses  die Ein-Dollar-Brille entwickelt.
Der Realschullehrer Martin Aufmuth aus Erlangen mit seiner selbst entwickelten tragbaren Optik-Werkstatt, mit der man Ein-Dollar-Brillen fertigen kann.© Georg Gruber
Martin Aufmuths Ziel ist es, 150 Millionen Menschen in Entwicklungsländern eine klarere Sicht zu verschaffen. Seinen Lehrerberuf hat er dafür erstmal aufgegeben. Bei einem solchen Ziel ist es wichtig, dass die Nachhaltigkeit gewährleistet ist – es muss so produziert werden, dass die Menschen ein Anliegen haben weiterzumachen.
"Wir bauen dort Strukturen aus, bilden zum Beispiel in Indien Produzenten aus, Optiker und Ausbilder und Management, und die sollen dann im Folgenden den Leuten zu einem sehr günstigen Preis von zwei bis drei ortsüblichen Tageslöhnen die Brillen verkaufen, so dass sich die Patienten zum einen die Brille auch wirklich leisten können – in Afrika zum Beispiel zum Preis von einem Huhn – und auf der anderen Seite die Optiker und Produzenten auch davon leben können."
Eine Frau fertigt in Ruanda eine "Ein-Dollar-Brille" des Erlanger Realschullehrers Martin Aufmuth.
Eine Frau fertigt in Ruanda eine "Ein-Dollar-Brille" des Erlanger Realschullehrers Martin Aufmuth.© Martin Aufmuth/OneDollarGlasses/dpa
Weltweit gibt es mittlerweile über 300 Mitarbeiter. Allein in Burkina Faso in Westafrika arbeiten 45 ausgebildete Optiker und Produzenten mit Kunststoffgläsern aus China und leichten Drähten, die per Post geschickt werden – und sie schreiben nun auch zum ersten Mal schwarze Zahlen. Mit Spendenmitteln wurden Systeme aufgebaut, die sich inzwischen selber tragen.
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