"Landscapes" von Andreas Gursky

"Die Räume sind einzigartig"

Der Fotograf Andreas Gursky vor seinem weltberühmten Werk "Rhein II", aufgenommen bei seiner Ausstellung 2007 in München.
Der Fotograf Andreas Gursky vor seinem weltberühmten Werk "Rhein II" - nun zu sehen im Parrish Art Museum © imago/Stefan M Prager
Von Jürgen Kalwa · 03.08.2015
Das Parrish Art Museum auf Long Island hat es Andreas Gursky offenbar angetan. Der Fotograf akzeptierte zum ersten Mal eine thematisch auf einen Ausschnitt seines Schaffens zugespitzte Ausstellung - und gab vor der Eröffnung sogar ein Interview dazu.
Das Haus auf der grünen Wiese ist ein reizvolles architektonisches Kontrastprogramm zum Stilmischmasch von Long Island. Inspiriert von den Ateliers der vielen – oft namhaften – Künstler, die sich im Laufe der letzten Jahrzehnte in der wohlhabenden Gegend zwei Stunden außerhalb von New York niedergelassen haben. Es sieht aus der Ferne aus wie eine extralange Scheune. Und ziemlich schmucklos. Doch innen zeigt sich, was in ihm steckt. Große Räume. Hohe Decken. Und viel natürliches Licht.
Ein Haus nach dem Geschmack von Andreas Gursky.
"Ich habe mir die Räume hier vor circa zwei Jahren angesehen. Die sind einzigartig. Kommt mir sehr vertraut vor. Da gibt es doch viele Details, die ich in meinem Atelier wiederfinde. Das fängt mit dem Boden an. Mit der Beleuchtung. Mit den Fenstern."
Die Affinität ist kein Zufall. Gursky, der sich in Düsseldorf zusammen mit seinem Fotografenkollegen Thomas Ruff ein großes Studio samt Archiv bauen ließ, und das Parrish Art Museum in Southampton hatten dasselbe Architekturbüro: die Baseler Planergemeinschaft Herzog & de Meuron.
Weshalb Terrie Sultan, die Direktorin, in einer Ausstellung von Gurskys Bildern auch einen besonderen Aspekt sah.
"Während der Bauphase habe ich mir ständig überlegt, welche Ausstellungen wir durchführen würden. Ich kannte seine Arbeit und wusste, dass es so etwas wie eine Transformation wäre, seine Bilder in diesen Räumen betrachten zu können."
Beziehung zur Landschaftsmalerei
Die Ausstellung auf Long Island unterscheidet sich allerdings auf eine besondere Weise von jenen, mit denen Gursky, seit Jahren einer der erfolgreichsten Kunstfotografen der Welt, traditionell sein großes Panoptikum präsentiert. Sie hat ein Thema: "Landscapes" – Landschaften. Eine Idee von Terrie Sultan:
"Ich habe ihn in Düsseldorf besucht und seine Ausstellung im Museum angeschaut. Bei seinen prachtvollen, sublimen Landschaftsfotos habe ich sofort eine Beziehung zur amerikanischen Landschaftsmalerei gesehen. Besonders zur Hudson River School und den monumentalen, transzendentalen Bildern jener Zeit. Ich weiß, die meisten verbinden die Arbeit von Andreas eher mit dem abstrakten Expressionismus. Aber ich habe ihm das vorgeschlagen. Und er war interessiert genug."
Und so begann die Zusammenarbeit, bei der das Parrish davon profitierte, dass es gar nicht erst andere Museen oder Sammler um Leihgaben bitten musste. Gursky greift in solchen Fällen auf sein enormes, über drei Jahrzehnte aufgebautes Archiv zurück. Und er ist nicht nur Lieferant von Rohmaterial, sondern auch so etwas wie der Co-Kurator, der in seinem Studio simuliert, wie die Bilder gehängt werden sollen.
"Das sind ja alles Artist’s proofs, stammen alle wirklich aus meinem persönlichen Besitz. Und ich habe dadurch auch die Möglichkeit, die Bilder technisch nachzubessern. Das habe ich mit einigen wenigen, mir wichtigen Bildern auch gemacht. Das ist auch ein Aspekt, der oft in die Ausstellung noch einfließt. Auch wenn man ältere Arbeiten sieht, dass die trotzdem noch aktualisiert werden."
Landschaftsbegriff weiter gefasst
Anfänglich war da allerdings Skepsis. Gursky entzieht sich gerne konsequent jedweder thematischen Zuordnung.
"Gerade meine frühen Arbeiten sind ja Landschaftsbilder. Aber eigentlich konzipiere ich meine Ausstellungen anders. Ich habe mich aber darauf eingelassen und habe den Begriff 'Landschaft' jetzt ein bisschen weiter gefasst. Es gibt ja auch eine Abbildung eines LNG Tankers, der ist allerdings so groß und so weitläufig, dass man es auch als Landschaft im weitesten Sinne begreifen kann. Mir ist natürlich klar, dass hier vor dem Hintergrund großartige Landschaftsmaler gearbeitet haben, dass von daher eine besondere Relevanz hat, hier auch Landschaften zu zeigen."
Landschaften etwa wie das berühmte "Rhein II" von 1999 mit dem schweren blaugrauen Himmel über Düsseldorf, der so viel stumpfer wirkt als das stimulierende Licht von Long Island. Wie das Bild von der Tour de France 2007, deren Tross sich auf einer Bergetappe endlos viele Serpentinen hochschleppt. Oder die Aufnahme der Spargelarbeiter in Beelitz, ebenfalls von 2007, mit seiner strengen grafischen Kraft.
Am 2. Oktober wird übrigens die nächste große Andreas-Gursky-Schau eröffnet. Es wird wohl wieder eine Wundertüte.
"Die nächste Ausstellung von mir findet in Baden-Baden statt. Im Burda-Museum. Das ist noch ein großes Geheimnis. Da kann ich leider noch nichts zu sagen."
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