Lakonisch Elegant

#34 Feiern ohne Polizei – das Fusion Festival und der Streit um Freiräume

31:24 Minuten
Tanzende Menschen vor blauem Himmel in dem sich buntes Puder verteilt.
Mehr als nur Feierei - der Freiraum "Festival" © Unsplash / Maxime Bhm
Von Christine Watty und Julius Stucke · 29.05.2019
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Der Streit zwischen Behörden und der Fusion um Polizeipräsenz auf dem Festivalgelände hat sich entspannt. Was bleibt, ist die wichtige Debatte darüber, ob und wie wir solche Räume erhalten sollten.
Ein paar Wochen dauerte der Streit rund um das Kulturfestival "Fusion", der sich um die Anwesenheit von Polizeibeamt*innen auf dem Festivalgelände drehte. Schließlich kam es zu einer Einigung zwischen den Veranstaltern und der Polizei, nun gab auch das zuständige Amt für das Sicherheitskonzept mit Auflagen grünes Licht: Dem Festival steht also wie schon erwartet nichts im Weg. Allerdings haben die Diskussionen Grundlegendes hervorgebracht: Was bedeuten Freiräume für eine Gesellschaft?

Ein Festival, das Leben verändert

Dass ein größeres Polizeiaufgebot auf der Fusion überhaupt diskutiert wurde, hat viele empört. Fusion-Besucher*innen natürlich zuallererst: Im Podcast erzählt Paula Deme, die regelmäßig aus der Schweiz zur Fusion anreist, von der geradezu lebensverändernden Kraft, die für sie aus den Tagen dort hervorgeht.
"Ich hab noch nie so viele Leute gesehen, die aufeinander aufpassen", erzählt Paula. "Ich möchte nicht überwacht werden", sagt sie auf die Frage, warum die Polizei-Diskussionen sie so empört haben. Das Festival könnte seinen Charakter verlieren: "Der Gedanke von ‚Wir organisieren uns selbst, wir schauen auf uns selbst‘, der geht dann eben verloren".
Der Jurist und Richter Ulf Buermeyer, auch bekannt aus dem Podcast "Lage der Nation", erzählt in "Lakonisch Elegant – der Kulturpodcast", dass es wichtig sei, diese Debatten zu führen und zwar unabhängig von der Fusion. Buermeyer geht es auch um die Frage, wofür denn Freiräume in der Gesellschaft gut sind:
"Es ist einfach der Raum, wo man vor staatlichem Zugriff in Ruhe gelassen wird. Das ist ein Wert an sich, dass man als Mensch das Gefühl hat: Ich lebe mein Leben, ich halte mich an die Gesetze, und im Gegenzug hat der Staat erstmal keine Kenntnis davon."

Parallelen mit den 70er-Jahren

Tobias Frindt hat sich mit gesellschaftlichen Freiräumen einer Zeit beschäftigt, in der noch viel deutlicher als heute nach ihnen gerufen wurde: Sein Film "Freie Räume" handelt von der Geschichte der Jugendzentrumsbewegung aus den 70ern. Er sieht die Parallelen in der Diskussion früher und heute, denn es geht vor allem darum, endlich mal alleingelassen zu werden. Erst von den Eltern, dann vom Staat. Welche Auswirkungen die Freiräume damals auf die politische Meinung ihrer Besucher*innen hatten, erzählt Tobias Frindt im Podcast.
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