Kunstkritik

"Renoir ist zum Kotzen"

Ausschnitt aus dem Gemälde "Ruderer in Chatou" von Pierre Auguste Renoir (1879)
Ausschnitt aus dem Gemälde "Ruderer in Chatou" von Pierre Auguste Renoir (1879) © picture alliance / dpa / Studio A
Von Georg Schwarte  · 12.11.2015
Max Geller hat eine Lebensaufgabe: Der Hipster aus Brooklyn will die Bilder von Renoir aus den Museen entfernen lassen. Warum? Weil dieser seiner Meinung nach völlig untalentiert und überbewertet sei. Im Netz schart er Gleichgesinnte um sich und postet Fotos von Kotztüten vor Renoir-Bildern.
Piere Auguste Renoir. Die einen zahlen Millionen für ein Bild des französischen Impressionisten. Die anderen: Nun ja:
"Scheiß Maler. Ein Scheißmaler dieser Renoir. Ein seit 150 Jahren bestehendes künstlerisches Missverständnis dieser Mann."
Max Geller, der sich selbst als Sprecher einer Graswurzelbewegung für kulturelle Gerechtigkeit sieht, sieht bei Renoir-Bildern vor allem eins: rot:
"Die #Renoirsucksatpainting-Bewegung hat eine simples Kriterium zur Bewertung von Bildern: Wir betrachten sie."
Augen wie mit Edding gemalt
Und Max Geller, Hipster-Vollbart, politischer Aktivist mit Sendungsbewusstsein aus Brooklyn, hat offenbar viele Renoir-Bilder betrachtet. Ergebnis: Der Maler zum Kotzen, die Bilder gestümpert, mit einem Wort: überbewertet. Und das sei noch geprahlt:
"Im echten Leben haben Menschen ja Hände und keine Tentakeln wie bei Renoir und auch keine Augen, die aussehen wie mit einem Eddingstift gemalt."
Das aber und noch vieles mehr finde man bei Renoir. Gellers Gegenmittel: Der Mann gründete unter dem Hashtag Renoirsucksatpainting eine Art Anti-Renoirbewegung. Und er ist längst nicht mehr allein mit seinem Hass auf Renoir, den - genau:
"Scheißmaler. Und das denke nicht nur ich."
Über 10.000 Sympathisanten auf Instagram, Follower bei Twitter und immer mehr, die als Flashmob wie zuletzt vor dem Metropolitan Museum of Art in New York mit Plakaten wie "Gott hasst Renoir" und Sprechchören Motto "Mit Edding malt man Protestplakate keine Kinderaugen" die Museumsszene aufmischen.
Max Geller aber geht's eben nicht nur um den aus seiner Sicht lausigen Kleckser namens Renoir. Den, räumt er offen ein, habe er nur ausgewählt, weil bei Renoir die Stümperei als Maler für jeden sofort sichtbar sei:
"Eigentlich geht’s uns eher darum, dass wir das Verhältnis der Gesellschaft zu Museen grundsätzlich ändern."
"Überrepräsentierte weiße tote Männer"
Soll heißen: Er und alle aus seiner "Renoir ist zum Kotzen-Bewegung" sind es leid, sich von Kuratoren, Professoren und Museumsleitern vorschreiben zu lassen, was wertvolle, teure und deshalb ausstellungswürdige Kunst ist. Renoir, nur ein Maler aus einer Reihe von, wie Geller sie nennt, den vielen in heutigen Museen überrepräsentierten "sehr toten, sehr weißen malenden Männern":
Auf Instragram gibt’s deshalb Fotos von Kotztüten vor Renoirgemälden in der berühmten New Yorker Frick-Collection. Gellers Botschaft an alle Renoir besitzenden Museen und Sammler: "Unsere Bewegung werdet ihr nicht mehr los. Deshalb seht besser zu, dass ihr die Bilder los werdet, solange es noch geht:"
Ihm gehe es übrigens nicht um Zensur. Jeder könne Renoir persönlich gut finden, aber deswegen müssten die Bilder ja nicht in jedem Museum der Welt hängen. Gellers nächstes Projekt ist noch eine Stufe radikaler. Per Social Media will er Geld sammeln, einen Renoir kaufen und verbrennen. Öffentlich. Völlig bescheuert der Mann?
"Nö, ob ich einen Renoir live im Fernsehen verbrenne oder irgendein reicher Fuzzi kauft das Bild und hängt es bei sich aufs Klo. Der Effekt ist doch der gleiche."
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