Kulturschaffende fordern Seehofer-Rücktritt

"Trauriges Ende einer politischen Karriere"

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) spricht während einer Pressekonferenz im Innenministerium
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) spricht während einer Pressekonferenz im Innenministerium © picture alliance/dpa
Brigitte Fehrle im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 21.09.2018
Er trage große Verantwortung. Da reiche es nicht, wenn sich Innenminister Seehofer immer wieder "extrem rechts" mit Migration und Flüchtlingen beschäftige, sagt die Journalistin Brigitte Fehrle. Sie begrüßte die Rücktrittsforderungen von knapp 300 Kulturschaffenden.
Fast 300 Kulturschaffende aus Deutschland - darunter Regisseure, Schauspieler und Autoren - fordern den Rücktritt von Horst Seehofer. In einem Offenen Brief schreiben sie, der Innenminister beschädige "die Werte unserer Verfassung". Seehofers Verhalten sei provozierend, rückwärtsgewandt und würdelos gegenüber den Menschen.
Initiator der Aktion war unter anderem der Dramatiker Moritz Rinke. Zu den Unterzeichnern gehören Berlinale-Chef Dieter Kosslick, der Autor Günter Wallraff, Schauspielerinnen und Schauspieler wie Meret Becker, Burghart Klaußner und Peter Lohmeyer, die Musikerin Inga Humpe, der Filmemacher Andres Veiel, außerdem die Autorinnen Terezia Mora und Judith Schalansky.
Einen Rücktritt von Innenminister Seehofer würde auch Brigitte Fehrle, ehemalige Chefredakteurin der "Berliner Zeitung", begrüßen. Fehrle attestierte ihm in unserer Sendung ein "sehr trauriges Ende einer politischen Karriere", denn in früheren Zeiten habe Seehofer in seiner Politik "durchaus einen grundsozialen Ansatz" gehabt.
Sie sei sich ganz sicher, dass es nach der Bayern-Wahl eine Veränderung an der Spitze des Innenministeriums geben werde.

"Politisch dumm" und "strategisch gefährlich"

Im Übrigen hätten die Kulturschaffenden mit ihrer Forderung recht, meinte Fehrle. Denn Seehofer habe zuletzt unter anderem mit seiner offen zur Schau gestellten Freude über 69 an seinem 69. Geburtstag nach Afghanistan abgeschobene Flüchtlinge für Empörung "weit über das linke Lager hinaus" gesorgt. Die Empörung reiche bis in die CSU.
"Horst Seehofer hat einfach nicht verstanden, dass auch die Öffentlichkeit diese Art der Auseinandersetzung mit der Migrationsfrage abstößt. Die Menschen möchten, dass Probleme gelöst werden und nicht, dass sie ständig neu aufgeworfen werden", sagte Fehrle.
Dass er als Innenminister enorm große Verantwortung trage, müsse auch im Tagtäglichen sichtbar werden, forderte die Journalistin: "Und die darf nicht sichtbar werden dadurch, dass man sich relativ extrem und extrem konservativ, extrem rechts, mit Migration und Flüchtlingen beschäftigt".
Das Grundproblem sei, dass die aktuelle Regierungskoalition mit einem "eingebauten Konfliktmechanismus" entstanden sei - nämlich dem Streit zwischen Kanzlerin Merkel und Innenminister Seehofer. "Und das dominiert im Moment wirklich alles – und zwar gegen jede Umfrage, gegen jede bessere Erkenntnis".
Wie die CSU diesen Konflikt inszeniere und geradezu lustvoll zelebriere, halte sie für nicht nur für "politisch dumm", sondern auch für "strategisch wirklich gefährlich", sagte Fehrle. Der ganze Streit nütze nur der AfD.
(huc)
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