Krzysztof Penderecki zum 80.

Prominentester Komponist in Polen

Von Wolfgang Schreiber · 23.11.2013
Krzysztof Penderecki, ist heute Polens einziger lebender Komponist, der weltweit Anerkennung genießt. Er begann als junger Avantgardist radikaler Klang- und Geräuschkunst und entschied sich schon bald für eine abgemilderte Tonsprache.
Krzysztof Penderecki ist einer der am meisten anerkannten und gefeierten Komponisten der Gegenwart. Aber er ist nicht unumstritten. Die Verfechter der musikalischen Avantgarde nehmen ihm die relativ frühe Abkehr von der avancierten Moderne übel, die er als junger Mann virtuos handhabte. Penderecki, geboren am 23. November 1933 im polnischen Debica, erlebte schon mit 27 seinen Durchbruch als Komponist des radikal Neuen: Bei den Donaueschinger Musiktagen wurde das Stück "Anaklasis" für Streicher und Schlagzeuggruppen mit viel Beifall bedacht.
Der Mitschnitt der Uraufführung der Komposition "Anaklasis" von 1960 zeigt - hier hatte ein junger Komponist das Feld der Tonalität, des Akademischen, aber auch des damals strengen Konstruktivismus verlassen, hier erkundete jemand die Verschmelzung von Klang und Geräusch, die Mikrointervalle und kreischenden Clusterflächen, die Schlagwerkattacken und die elektronischen Effekte.
"Die Elektronik hat meine Musik beeinflusst. Ich habe entdeckt Geräusche dort, Klänge, die ich früher nicht kannte. Und ich glaube, dadurch bin ich in diese Richtung gegangen. Ich versuchte dann, mit Orchester, mit Live-Instrumenten dasselbe zu machen, ähnlich wie in der Elektronik."
So erlebte damals die Neue Musik, auch durch Penderecki, ihre furiosen Grenzerweiterungen – nur, er komponierte in dem Stil nicht sehr lange weiter, seine Ausdruckssprache glättete sich, die Stücke lehnten sich an die Tradition an.
Das Klavierkonzert von 2001 trägt den Titel "Auferstehung", es ist den Opfern des 11. September in New York gewidmet. Und zeigt einen Komponisten, den manche nun einen "spätmodernen Klassiker" nennen, einen "Vorkämpfer des Rückzugs". Penderecki hat sich um solche Definitionen nie gekümmert.
Die lateinische "Credo"-Komposition des Katholiken Penderecki reiht sich ein in die lange Liste seiner religiös oder welthistorisch orientierten Werke. Schon 1960 hatte er die Komposition "Threnos" den Opfern von Hiroshima gewidmet, es folgten oratorische Werke wie das "Magnificat" oder ein "Te Deum", 1980 gedachte er mit einem "Lacrimosa" der polnischen Auschwitz-Opfer.
"Die geistliche Musik hat sich eigentlich nicht so viel verändert als andere Musik. Ich sehe jetzt zum Beispiel, wenn ich da in die Hand nehme meine Musik, die geistliche, die ich vor vierzig Jahren ... Ich benütze eigentlich fast die gleiche Sprache."
Krzysztof Penderecki schreibt gern Musik zu den religiösen Kernthemen des Lebens: Sünde und Tod, Sühne und Auferstehung. Oder eben zu tragischen Ereignissen des 20. Jahrhunderts. Kein Wunder, dass er überschüttet wurde und wird mit Kompositionsaufträgen für Jubiläen von Orchestern, Universitäten, ganzen Städten und Ländern. Bereits als rigoroser Avantgardist präsentierte er seine Lukas-Passion, die früh Aufsehen erregte, genauso wie die Oper "Die Teufel von Loudun" nach Aldous Huxley. Symphonien, Chorwerke, Kammermusik gern für berühmte Solisten, die den Erfolg garantieren - an der Kraft dieses Komponisten besteht kein Zweifel.
Krzysztof Pendereckis setzt die polnische Tradition einer christlich orientierten Musik entschlossen fort, ohne seinen Landsmann Lutoslawski an künstlerischer Erfindungskraft ganz zu erreichen. "Irren ist zugleich Suchen und Verstecken auf dem langen Umweg zum Ziel", sagt der prominenteste Komponist im heutigen Polen. Die Auszeichnungen, Preise und Ehrendoktorate aus aller Welt wird er kaum mehr zählen können.
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