Kritik an Heilpraktikern

"Unseriöse, unkontrollierte Therapien gefährden Patienten"

Pulsdiagnose in einer Naturheilpraxis
Pulsdiagnose in einer Naturheilpraxis © imago / McPHOTO
Jutta Hübner im Gespräch mit Anke Schaefer · 25.08.2017
Gegen die Kritiker, die Anfang der Woche eine Abschaffung der Heilpraktiker forderten, wurde schnell ein Vorwurf laut: Hier wolle sich die Ärzte-Lobby der Konkurrenz entledigen. Die Onkologin Jutta Hübner weist das zurück: Man habe einen unabhängigen Blick auf die Sache.
Anfang der Woche forderten 17 Wissenschaftler in einem Memorandum die Abschaffung des Heilpraktikerberufs, mindestens aber dessen grundlegende Reform.
"Nicht-seriöse, nicht-kontrollierte Therapien" gefährdeten Patienten, bekräftigt Jutta Hübner, Professorin für Integrative Onkologie in Jena und eine der Unterzeichnerinnen, die Kritik. Zum Beispiel könne es zu Therapieverzögerungen kommen, wenn ein Patient zunächst "etwas Sanftes" ausprobieren wolle, warnte Hübner im Deutschlandfunk Kultur. Außerdem könne die Therapie des Heilpraktikers den Erfolg einer konventionellen Therapie gefährden.
"Das haben wir sehr häufig in der Tumortherapie: Patienten stehen unter Therapien von uns und machen noch etwas mit dem Heilpraktiker, was kontraproduktiv ist", betont die Onkologin. "Das führt dann nicht in die Schlagzeilen, ist aber beim Patienten mindestens genauso gefährlich – und das ist extrem weit verbreitet."

"Unabhängiger, wissenschaftlicher Blick"

Den Vorwurf, hinter dem Memorandum stehe eine Ärzte-Lobby, die sich die unliebsame Konkurrenz durch Heilpraktiker vom Hals schaffen wolle, weist Hübner zurück. "Uns geht es hier wirklich um die Versorgung der Patienten", betont sie. Viele der Wissenschaftler kämen auch nicht aus dem unmittelbar ärztlichen Bereich, sondern hätten einen "unabhängigen und wissenschaftlichen Blick darauf".
Hübner räumt jedoch ein, dass im herkömmlichen Gesundheitssysstem die Zuwendung zum Patienten oft aus ökonomischen Gründen verknappt werde. "Jetzt ist es aber völlig schizophren zu sagen, ich erfinde eine neue Berufsgruppe oder lasse die arbeiten und die machen dann die Zuwendung." Solche Berufsgruppen gebe es auch "im System". Zum Beispiel Krankengymnasten, Bademeister, Masseure, Ergotherapeuten, Logopäden: Diese könnten durch eine wissenschaftlich ausgerichtete Weiterqualifizierung in die Lage versetzt werden, "dies noch klarer in Zusammenarbeit dann auch mit dem Arzt einzusetzen".
(uko)
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