Kreuzberger Flüchtlingscamp

Freiwillige Räumung unklar

"Kein Mensch ist illegal" steht auf einem Plakat geschrieben, das im Dezember auf dem Oranienplatz in Berlin im Rahmen einer Veranstaltung gegen eine Räumung des Flüchtlingscamps an dem Platz steht.
"Kein Mensch ist illegal", heißt es auf einem Plakat bei einer Veranstaltung gegen die Räumung des Berliner Oranienplatzes. © dpa / picture alliance / Rainer Jensen
Von Verena Kemna · 21.03.2014
Für die Flüchtlinge in einem Camp auf dem Berliner Oranienplatz und in einer nahegelegenen Schule ist noch immer keine Lösung in Sicht. Trotz eines mit der Integrationssenatorin ausgehandelten Kompromisses spricht nichts für eine Einigung.
Der Oranienplatz mitten in Kreuzberg ist eine Grünanlage umgeben von Altbauten. Zwischen befestigten Wegen und Laubbäumen stehen mit Plastikplanen umhüllte Bretterbuden. Die Flüchtlinge, viele von ihnen stammen aus West- und Ostafrika, haben ihre Durchhalteparolen auf die Planen gesprüht. "My Home is my Castle", heißt es da, "Kein Mensch ist illegal", "Hier entsteht eine neue Stadt". Im Herbst 2012 hatten etwa 70 Flüchtlinge auf einem Protestmarsch von Würzburg nach Berlin den Oranienplatz im grün regierten Kreuzberg als Endstation gewählt. Der damalige Bezirksbürgermeister Franz Schulz von den Grünen hatte die Flüchtlinge mit offenen Armen empfangen.
Bretterbuden statt Zelte
Seitdem hausen noch immer etwa 40 Flüchtlinge auf dem Oranienplatz. Napuli Langa, eine Politaktivistin aus dem Sudan, ist von Anfang an dabei. Die Maximalforderung lautet: Bleiberecht für alle. Nach eineinhalb Jahren zieht die Sudanesin eine vernichtende Bilanz. Keine unserer Forderungen ist erfüllt worden, sagt die 25-Jährige wütend. Die Polizei kann gerne kommen und uns hier töten:
"The police can come and kill us!"
Aus den Zelten sind in den vergangenen Wochen Bretterbuden geworden. Müll liegt herum, nur die Ratten, die es hier geben soll, bleiben versteckt. Nichts deutet darauf hin, dass die Buden, wie es der Berliner Senat fordert, abgebaut werden.
Nur wenige hundert Meter entfernt leben weitere Flüchtlinge in einem ehemals leerstehenden bezirkseigenen Schulgebäude, das sie vor eineinhalb Jahren besetzt haben. Drogendelikte, Ladendiebstähle, Messerstechereien, rund um den Oranienplatz häufen sich. Doch im grün regierten Kreuzberg ist eine gewaltsame Räumung politisch unvorstellbar.
Senatorin Kolat als Vermittlerin
Wochenlang ist keine Lösung in Sicht. Schließlich schickt der Regierende Bürgermeister, der Sozialdemokrat Klaus Wowereit die Integrationssenatorin der SPD, Dilek Kolat als Vermittlerin vor Ort. 50 Verhandlungsstunden später gibt es erstmals eine Liste mit den Namen von 467 Flüchtlingen und einem Angebot vom Berliner Senat. Jeder einzelne Asylantrag soll geprüft werden. Während dieser Zeit sollen die Flüchtlinge feste Unterkünfte bekommen und beraten werden.
Ein Angebot, bei dem 80 Prozent mitmachen, die anderen weigern sich, erklärt Integrationssenatorin Dilek Kolat:
"Da waren von vornherein einige dabei, die keine Lösung wollten, dennoch haben wir die Gespräche geführt!"
Im Gegenzug sollen die Flüchtlinge sowohl die Bretterbuden auf dem Oranienplatz, als auch die besetzte Schule freiwillig räumen. Auch die grüne Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann steht hinter dem ausgehandelten Kompromiss.
Kritik an Scheinlösung
Eine Scheinlösung, kritisiert der Berliner Flüchtlingsrat. Es gebe weder genügend Unterkünfte noch sei die Mehrheit der Flüchtlinge für das ausgehandelte Angebot.
Dennoch setzt Berlins Regierender Bürgermeister, der Sozialdemokrat Klaus Wowereit, auf den ausgehandelten Kompromiss:
"Wir gehen davon aus, dass diejenigen, die hier verhandelt haben mit Frau Kolat und den anderen das ernst meinen und diese gemeinsame Lösung gehen. All diejenigen, die versuchen diese Lösung zu torpedieren oder zu stören, denen muss eine deutliche Absage erteilt werden."
Die Stimmung unter den Flüchtlingen ist aufgebracht, nichts spricht für eine Einigung, die freiwillige Räumung bleibt ungewiss.
Mehr zum Thema