Krank oder Kult?

Von Hartwig Tegeler · 18.07.2007
"Death Proof" zitiert bis zum Erbrechen Billigfilme der 1960er und 70er Jahre und zelebriert dabei eine Orgie aus Geschwätz und Gewalt - wobei bei letzterer der Spaß aufhören müsste. Das Gegenteil wird aber wieder mal der Fall sein: Tarantino wird wahrscheinlich mit diesem Machwerk seinen Kultstatus festigen.
Natürlich ist das US-amerikanische Kino immer besessen gewesen von der Gewalt - kein Wunder, bei der Geschichte dieses Landes: die Schießerei während eines Indianerangriffs bei John Ford, die Maschinengewehrsalven, die James Caan in Coppolas "Der Pate" niedermähen, die Baseballschlägerschlachterei in Scorseses "Casino", die die Figur des Mafiosi - gespielt von Joe Pesci - am Ende zermatscht im Maisfeldgrab zurück lässt, das Massaker, das der Revolverheld am Ende von Clint Eastwoods "Erbarmungslos" verübt - harte Kinokost, nichts für zarte Gemüter.

Doch diese Kinoerzählungen stehen für ein Bild der Gewalt, die am Ende reflektiert ist. Denn diejenigen, die Gewalt bestialisch, brutal, hemmungslos ausüben, werden am Ende ihrer - wenn man so will - gerechten Strafe zugeführt und das heißt nichts anderes: All diese Filme erzählen davon, dass die Gewalt auch die, die sie ausüben, zerstört. Die Täter fallen am Ende heraus aus einer zivilen sozialen Gemeinschaft.

Quentin Tarantino ist da ein ganz anderes, eher dumpfes Kaliber! Bei ihm wird ein affirmatives Fest der Brutalität und der Selbstjustiz gefeiert. Alle sind ja so cool; und wenn Rosario Dawson am Ende mit dem Absatz ihres Cowboystiefels den von Kurt Russell gespielten Serienkiller tötet, hinrichtet, nun, das heißt dann: volle Kante rein mit dem Absatz ins Gesicht und selbiges wird zermatscht, Vollzug! Und sie und die Mädels ihrer Gang jubeln, wie es die Weißmützen vom Ku-Klux-Klan gemacht haben, wenn Sie mal wieder einen Schwarzen aufgehängt hatten.

Bei Quentin Tarantino, weil Kino, folgt nach dem Jubel der Abspann. Ohne irgendeine Konsequenz für irgendeine Figur. Eben: alles cool & hip & Kult & und sowieso. Kurzum: über Quentin Tarantino sei hier am Ende summa summarum sehr unintellektuell und ziemlich norddeutsch gesagt: Aller, du bis' krang, du bis nich ganz dicht!

Hören Sie auch die Gegenposition von Filmkritikerin Anke Leweke, die Tarantinos "Death Proof" als Hommage an das Kino der 60er und 70er Jahre ansieht.
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