Korruptionsskandal um Präsidenten

Polit-Beben in Brasilien

Hunderte Brasilianer protestierten gegen Präsident Temer
Vergleichsweise wenige Brasilianer protestieren gegen die korrupte politische Elite. © Yasuyoshi Chiba / AFP
Ivo Marusczyk im Gespräch mit Isabella Kolar · 13.06.2017
Nachdem die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff durch Korruptionsvorwürfe zu Fall gebracht wurde, ist ihr Nachfolger Michel Temer jetzt selbst in einen Korruptionsskandal verwickelt. Doch nur wenige Brasilianer gehen auf die Straße.
Brasilien kommt nicht zur Ruhe. Nachdem vor knapp einem Jahr die damalige ungeliebte Präsidentin Dilma Rousseff durch Korruptionsvorwürfe zu Fall gebracht wurde, ist ihr Nachfolger Michel Temer jetzt selbst in einen Großskandal verwickelt. Der 76-Jährige soll dabei geholfen haben, mit Geldzahlungen einen Mitwisser in einem Korruptionsskandal zum Schweigen zu bringen. Hintergrund sind die mutmaßlichen Bestechungsgelder eines Fleischkonzerns.
Bereits im Mai wurden strafrechtliche Ermittlungen gegen Temer aufgenommen. In einem anderen Fall hat er am vergangenen Wochenende einen Etappensieg errungen: Das oberste Wahlgericht Brasiliens hat eine Klage auf Amtsentzug wegen illegaler Finanzierung des Wahlkampfs im Jahr 2014 zurückgewiesen.

Die Poltik ist von Korruption durchzogen

Das heißt aber lange nicht, dass Temer unschuldig ist, meint unser Südamerika-Korrespondent Ivo Marusczyk. Temer hätte allen Grund zurückzutreten, diese Forderungen gibt es in Brasilien schon längst. Die Frage wäre, ob das Brasilien helfen würde, denn es gäbe dort im Moment keine personellen Alternativen, so Marusczyk. Temer denke auch gar nicht daran zurückzutreten, denn dann verlöre er seine Immunität und stände so gut wie sicher mit einem Bein im Gefängnis.
Die Brasilianer selbst bleiben im Angesicht ihrer korrupten politischen Elite – denn nicht nur Temer und seine Partei, sondern die gesamte politische Klasse Brasiliens ist in Korruptionsaffären verstrickt - immer noch vergleichsweise ruhig. Nur wenige gehen auf die Straße. Und die Wahrscheinlichkeit, dass sie im Oktober 2018, bei den nächsten Präsidentschaftswahlen, aus Frust einem Populisten ihre Stimme geben, hält Marusczyk für unwahrscheinlich.
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