Kongress in Linz

Vernetzungstreffen der Neuen Rechten

Blick über die Altstadt von Linz, die Landeshauptstadt von Oberösterreich, mit dem Stahlwerk Vöstalpine im Hintergrund
Blick über die Altstadt von Linz mit dem Stahlwerk Vöstalpine im Hintergrund © imago / Chromorange
Kathrin Glösel im Gespräch mit Ute Welty · 29.10.2016
In den Prunksälen des Landes Oberösterreichs in Linz findet ein Kongress der Neuen Rechten statt. Die Wiener Politologin Kathrin Glösel bezeichnet die Veranstaltung als eine Machtdemonstration und ein strategisches Treffen, von dem Gefahr für die Demokratie ausgehe.
Im österreichischen Linz treffen sich an diesem Wochenende selbsternannte "Verteidiger Europas" bei einem Kongress. Erwartet werden rund 350 Teilnehmer aus dem rechtspopulistischen und rechtsextremen Lager. Die Tagung bezeichnet sich selbst als "Leistungsschau der patriotischen, identitären und konservativen Arbeit im publizistischen, kulturschaffenden sowie politischen Bereich". Die Veranstaltung findet in den barocken Linzer Redoutensälen statt. Zahlreiche Politiker und Prominente, darunter Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek und alle namhaften Autorenverbände forderten erfolglos die Ausladung.
Die Politikwissenschaftlerin Kathrin Glösel bewertet die Veranstaltung als bedeutendes Vernetzungstreffen der deutschsprachigen Neuen Rechten.
Ziel sei das Knüpfen und die Pflege von Kontakten auf einem Forum, das "so groß wie möglich ist", sagte Glösel im Deutschlandradio Kultur. Von großer Bedeutung für die Veranstalter sei, dass sie über die der FPÖ-nahestehende Burschenschaft Arminia Czernowitz den prunkvollen Tagungsort, die barocken Redoutensäle in Linz anmieten und nutzen können: "Ich würde es auch als eine Machtdemonstration sehen. Man trifft sich ja auch nicht in einer kleineren abgelegenen Burschenschaftlerbude, sondern tatsächlich in den Prunkräumen des Landes Oberösterreich."

Wer steht hinter der Messe der neuen Rechten?

Hinter dem Kongress "Verteidiger Europas"- so der Titel der Veranstaltung - stehe unter anderem die rechtsextreme Identitäre Bewegung, Politiker der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) und eine Mischung aus einschlägigen Verlagen, Magazinen und Blogs, "denen es in der Summe darum geht, den politischen Diskurs nach Rechtsaußen zu drängen." Auf der Rednerliste befänden sich Personen, die bisher durch verschwörungstheoretische, antisemitische und homophobe Äußerungen aufgefallen seien.
Ziel des Kongresses sei es, diesen Gruppierungen ein möglichst großes Forum zu bieten, um überregional Kontakte zu knüpfen und zu pflegen, Strategien auszutauschen und auch zukünftige Projekte zu planen. Bei informellen Treffen werde es sicher auch um Posten und Finanzierungsmöglichkeiten von Projekten gehen.

Zahlreiche Prominente forderten erfolglos die Ausladung

Die erfolgreiche Anmietung der landeseigenen Räumlichkeiten verdanke sich offenbar der speziellen politischen Situation in Oberösterreich mit einer rechtskonservativen Koalition aus ÖVP und FPÖ, erklärte Glösel: "Das bedeutet, dass es eine politische Absicherung gibt, weil man sich im Windschatten einer Regierungspartei befindet."
Angesichts einer breiter werdenden europäischen Vernetzung der Neuen Rechten rät die Politologin zu erhöhter Aufmerksamkeit: "Denn woran gearbeitet wird, ist ein Forum von rechtsextremer Gegenöffentlichkeit. Diese dient auch dazu, die politische Debatte zu kapern." Dies zeige auch das bewusste Abschotten gegenüber der Berichterstattung durch pluralistische Medien. "Da wird Stimmung gemacht gegen das Funktionieren der Demokratie."
Der österreichische Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer von der rechtspopulistischen FPÖ gemeinsam mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und dem Vizeregierungspräsident Oberösterreichs, Landeshauptmann Manfred Haimbuchner bei einer Kick-Off-Veranstaltung zur Wiederholung der Präsidentschaftswahl
Die Kritik gegen den Kongress Neuer Rechter in Linz richtet sich vor allem an Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) (Mitte), der die Vermietung der landeseigenen Repräsentationsräume zulasse.© picture alliance/dpa/ Alexander Schwarzl

Das Interview im Wortlaut:
Ute Welty: Sie nennen sich selbst die Verteidiger Europas: deutschsprachige Rechtspopulisten treffen sich heute in Linz. Presseakkreditierungen sind nicht zugelassen, im Umfeld heißt es, man sei froh, von den offiziellen Vertretern der Lügenpresse unbehelligt zu bleiben. Politologin Kathrin Glösel hat sich intensiv mit diesem Treffen der Identitären Bewegung und mit Rechtspopulismus insgesamt ausführlich beschäftigt. Guten Morgen, Frau Glösel!
Kathrin Glösel: Guten Morgen!
Welty: Was weiß man über die Teilnehmer des Treffens und über ihre Intentionen?
Glösel: Zunächst, wenn man sich ansieht, wer hinter dieser Veranstaltung steckt, dann wird man merken, es ist eine Mischung aus Verlegern, Magazinen und Blogs, denen es in Summe darum geht, den politischen Diskurs nach rechts außen zu drängen, also Angst und Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen, Stimmung gegen Demokratie zu schüren, und zusammengenommen versuchen die eine enorme Reichweite da zu bekommen. Anwesend sein werden unter anderem Identitäre, freiheitliche, also FPÖ-Politiker/innen, deren Sympathisant/innen, Korporierte und auch geladene Personen mit sehr fragwürdigen Hintergründen. Wenn man sich da anschaut, wer als Redner/in eingeladen ist, dann sind das zwar einerseits auch politische Personen, aber auch Vereine, Blogs, aber auch Personen, die durch verschwörungstheoretische Äußerungen, durch antisemitische und sehr homophobe Äußerungen aufgefallen sind bisher. Also das kann man erwarten, diese Personen dort zu treffen.
Welty: Als Kennerin der Szene, welche Bedeutung messen Sie diesem Treffen bei – eine ärgerliche Veranstaltung oder doch mehr eine Demonstration von Macht und Stärke der Rechten?
Glösel: Ich würde es durchaus als eine Veranstaltung sehen, der es um eine Machtdemonstration geht, das heißt, man trifft sich ja auch nicht irgendwo in einer kleineren abgelegenen Burschenschafterbude, sondern tatsächlich in den Prunkräumen des Landes Oberösterreich. Es geht bei dieser Veranstaltung um das Knüpfen und Pflegen von Kontakten, wo ein Forum geboten wird, dass das Ganze relativ groß möglich macht. Dort wird es zu einem Strategienaustausch kommen, es wird um die Koordinierung von Publikationen, zukünftigen Projekten gehen, Veranstaltungen, aber auch vermutlich um parteipolitische Strategien. Und schlussendlich geht es bei dieser rechtssolitären Zusammenkunft ja auch sicherlich um Posten und Finanzierungsmöglichkeiten von Projekten, also folglich auch um Geld, wenn auch nicht in Redebeiträgen und dergleichen, dafür wird es danach die informelleren Treffen noch geben.
Welty: Sie haben es schon gesagt, das Treffen findet statt in den Räumen des Landes Oberösterreich, da fragt man sich schon, wie das zustande kommt. Schaut denn da niemand genauer hin, an wen vermietet wird?
Glösel: Dafür muss man sich die spezielle politische Situation in Oberösterreich näher ansehen. Also wir haben hier eine ÖVP- und FPÖ-Koalition, also eine rechtskonservative Koalition, und die Freiheitliche Partei, die in dem Land doch eine sehr große Nähe zu einer bestimmten Burschenschaft hat, der Arminia Czernowitz zu Linz, die diese Räumlichkeiten auch gemietet hat. Das heißt, da ist ums Eck auf jeden Fall eine Organisation da, die diese Räumlichkeiten mietet. Schlussendlich ist auch dieser ganze Kongress, sein Name mit der Freiheitlichen Partei verbunden. Also die Organisationen, die das formal aufziehen, dazu gehört ja auch der Blog unzensuriert.at, hängen mit der Freiheitlichen Partei zusammen. Das bedeutet, dass es rein politisch da eine gewisse Absicherung gibt, weil man sich im Windschatten einer dortigen Regierungspartei auch befindet. Und es gibt da durchaus sehr großen Protest, also ich finde, die Ablehnung ist sehr deutlich zu spüren. Politiker/innen mehrerer Parteien, Künstler/innen, das Mauthausen Komitee und Holocaustüberlebende, aber auch couragierte Einzelpersonen und Bündnisse haben sich dagegen ausgesprochen, und dementsprechend breit wird auch der Protest sein. Aber an der unmittelbaren Veranstaltung und am Stattfinden ändert das nichts, dass das mit den Programmen stattfindet.
Welty: Dieses Treffen jetzt in Linz, es finden in der Schweiz Neonazikonzerte statt mit Tausenden von Besuchern – was wächst da gerade über die Ländergrenzen hinweg zusammen?
Glösel: Was man merken kann, ist, dass es zu einer Koordination von nicht nur rechtspopulistischen bis rechtsextremen Parteien in dieser Form kommt, sondern ja auch zwischen der außerparlamentarischen Rechten – sei das jetzt die Identitäre, seien das Magazine. Und ich habe den Eindruck, dass man sich das sehr genau auch weiter ansehen muss, denn woran gearbeitet wird, ist eine Form von rechtsextremer Gegenöffentlichkeit, und diese Gegenöffentlichkeit dient dazu, die politische Debatte zu kapern – ob das jetzt um Asyl und Flüchtlinge geht, ob es um Wirtschaftspolitik geht, ob es um Demokratie allgemein geht. Wenn man sich Wortmeldungen ansieht, dann merkt man, da wird Stimmung gemacht gegen Demokratie, gegen das Funktionieren von Demokratie, gegen Minderheitenrechte, gegen Kritiker/innen, also gerade der Umgang mit Medien, da schottet man sich ab. Das ist eine bewusste Entscheidung, und das lässt dann dementsprechend keine plurale Berichterstattung zu. Und ich glaube, dadurch, dass zur Demokratie Pluralismus, Menschenrechte, Gleichberechtigung gehören, sind Veranstaltungen und Vernetzungen wie diese im Endeffekt auch ein großes Gefährdungspotenzial für Demokratien als solches und für ein demokratisches Klima.
Welty: Deutschsprachige Rechtspopulisten kommen in Linz zusammen. Die Hintergründe hat uns die Politologin Kathrin Glösel erläutert. Dafür herzlichen Dank!
Glösel: Danke schön auch!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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