Kommentar zum Ende des Musikpreises

Echo-Nachfolger bietet historische Chance

Vier Echo-Preise liegen in den Armen einer Frau.
Der Echo hatte nach der Diskussion um die Verleihung an die Rapper Kollegah und Farid Bang an Glanz verloren. © dpa picture alliance/ Matthias Balk
Von Dirk Schneider  · 25.04.2018
Nach der heftigen Kritik an der letzten Echo-Vergabe hat der Bundesverband Musikindustrie angekündigt, den Preis durch einen neuen ersetzen zu wollen. Das biete die Möglichkeit, einen künstlerisch bedeutsamen Preis zu schaffen, kommentiert Dirk Schneider. Doch ist das gewollt?
Das Ende des Echo ist weniger das Ergebnis kritischer Selbsterkenntnis als des öffentlichen Drucks der letzten Wochen. Das macht die Pressemitteilung des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI) die heute Nachmittag herausgegeben wurde, deutlich: Man wolle keinesfalls, dass dieser Musikpreis als Plattform für Antisemitismus, Frauenverachtung, Homophobie oder Gewaltverharmlosung wahrgenommen werde.
Wohlgemerkt: Man wolle nicht, dass er so wahrgenommen werde. Dass der Echo mitunter eine solche Plattform geboten hat, nicht erst in diesem Jahr, als ein Echo an die Rapper Kollegah und Farid Bang verliehen wurde, so weit geht der Industrieverband dann doch nicht.

Die Grundlage des Echo ist jetzt allen klar

Der Echo, so heißt es weiter, sei "viele Jahre ein großartiger Preis und zugleich zentrales Branchenevent mit vielen bewegenden Momenten" gewesen. Ja, bestimmt gab es bei den Preisverleihungen bewegende Momente – für die Branchenvertreter. Das Erstaunliche ist ja, dass ein Branchenpreis, der vor allem auf Verkaufszahlen basiert – wer am meisten verkauft hat, wird ausgezeichnet - überhaupt in der Breite als wichtigster deutscher Popmusikpreis wahrgenommen wurde.
Wenigstens dieses Missverständnis dürfte jetzt ausgeräumt sein: Künstlerische Qualität ist nicht das Kriterium, das diesem Preis zugrunde lag. Die Jury, so wurde nun angekündigt, solle künftig "stärker in den Vordergrund rücken".

BMVI könnte nun künstlerische Leistung prämieren

Schon 2016 hatte sich als Antwort auf den Echo der unabhängige "Preis für Popkultur" gegründet, der allerdings noch lange nicht die Aufmerksamkeit bekommen hat, die der Echo jährlich generiert. So gesehen bietet sich jetzt eine historische Chance: Dem Echo-Nachfolger dürfte allergrößte Aufmerksamkeit zuteil werden.
Der BVMI hat nun die Möglichkeit, einen Preis ins Leben zu rufen, der künstlerische Leistung prämiert, der künstlerische Innovation belohnt und Newcomer und Außenseiter fördert. Und damit sogar internationale Strahlkraft erreichen könnte - ähnlich dem britischen Mercury Prize, der als Antwort auf die von der Industrie dominierten Brit Awards gegründet wurde. Ob dies aber das Interesse der deutschen Musikindustrie ist?
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