Kolumbien wählt einen neuen Präsidenten

Friedensprozess mit FARC auf dem Prüfstand

Kolumbien: Unterstützer des rechtskonservativen Präsidentschaftskandidaten Ivan Duque bei dem der Abschlussveranstaltung seiner Wahlkampagne
Unterstützer des rechtskonservativen Präsidentschaftskandidaten Ivan Duque bei dem der Abschlussveranstaltung seiner Wahlkampagne © AFP / Raul Arboleda
Von Burkhard Birke · 27.05.2018
Selten war Kolumbien vor einer Wahl so gespalten. In Umfragen lag zuletzt der rechtsgerichtete Politiker Duque vorne, der das Friedensabkommen mit der Rebellengruppe FARC ändern will. Sein stärkster Konkurrent ist der linke Ex-Guerillero Petro, der an der Vereinbarung festhalten möchte.
Diese Wahl ist eine Richtungswahl. Sieben Kandidaten stellen sich den 36 Millionen Wahlberechtigten als Nachfolger von Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos. Nur fünf von ihnen werden freilich überhaupt Chancen eingeräumt.
Selten war Kolumbien bei einem Urnengang so gespalten. Es geht um die künftige Ausrichtung des Landes und den Erhalt des vor allem von Regierungsseite bislang eher zögerlich umgesetzten Friedensprozesses mit der FARC-Guerilla, die mittlerweile FARC-Partei geworden ist. Deren Kandidat hat aus gesundheitlichen Gründen seine Kandidatur zurückgezogen. Dennoch hat die Linke mit Gustavo Petro einen populären Kandidaten im Rennen.

Ein populärer Kandidat für die Linke

"Wir müssen diese jämmerliche Wirtschaft in eine hochproduktive verwandeln, die Gesellschaft des Wissens einführen, die Qualität der Bildung der staatlichen Universitäten verbessern, die gratis werden muss, ein Pflegesystem einführen und eine Epoche des Friedens einläuten."
Dieser zum Teil populistisch anmutende Diskurs Petros mobilisierte die Massen. Der frühere Guerillakämpfer der M19 liegt in den Umfragen auf Platz zwei, hinter dem ultrakonservativen Ivan Duque.
"Wir wollen für alle mit allen regieren - ohne in den Rückspiegel, sondern nur nach vorne zu schauen. Viele Bürger setzen auf die neue Generation, die Vetternwirtschaft und Politikintrigen hinter sich lassen will."

Duque fordert härtere Strafen für Ex-Guerilleros

Der 41-Jährige setzt auf neoliberale Wirtschaftskonzepte und seine Jugend. Hinter ihm freilich steht ein Alter, umtriebiger: Ex-Präsident Alvaro Uribe, ein scharfer Kritiker des historischen Friedensvertrages. Duque hat angekündigt, das Abkommen zu modifizieren. Er will vor allem härtere Strafe für Ex-Guerilleros.
Duque genießt vor allem den Rückhalt des konservativen und bürgerlichen Establishments und führt mit über 40 Prozent in Umfragen. Den Sprung über die 50-Prozent-Hürde dürfte er heute aber kaum schaffen.

Taktisch wählen angesichts der Polarisierung

Extrem rechts gegen extrem links: Dieses Szenario zeichnen die Auguren für die Stichwahl am 17. Juni. Sie könnten sich täuschen. Denn angesichts dieser Polarisierung überlegen viele Kolumbianer heute taktisch zu wählen.
"Alles deutet daraufhin, dass wir zulegen und mitten im Nebel kommt Fajardo in die Stichwahl, um die Wahl zu gewinnen."
Sergio Fajardo als Joker? Der von Grünen und unabhängigen unterstützte Kandidat war Gouverneur in Antioquia gilt als integer und Mann der Mitte.
Der Mathematikprofessor müsste aber deutlich zulegen. Kein leichtes Unterfangen, denn auch Ex-Vizepräsident Vargas Llleras und der Chefunterhändler des Friedensvertrages de la Calle sind noch im Rennen. Die Beteiligung wird somit entscheidend.
Bis 16 Uhr Orts-, 23 Uhr Mitteleuropäischer Zeit sind die Wahllokale geöffnet. Es herrscht striktes Alkoholverbot im Land. Die Grenzen zum Krisenland Venezuela sind geschlossen worden. 155.000 Sicherheitskräfte sollen für einen reibungslosen Ablauf dieser für das neue OECD und demnächst assoziierte NATO-Mitgliedsland Kolumbien so entscheidenden Wahl sorgen.
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