König der komischen Oper

Von Renate Hellwig-Unruh · 03.01.2010
Baldassare Galuppi ist einer der großen Söhne Venedigs. Seine Werke sind heute nur noch Insidern bekannt, doch in den 50er- und 60er-Jahren des 18. Jahrhunderts war Galuppi einer der anerkanntesten Komponisten der Stadt. Er starb vor 225 Jahren.
Die Macht liegt in den Händen der Frauen, sie regieren das Land. Tulia und die Anführerinnen Aurora und Cintia demonstrieren Stärke, sie wollen härter durchgreifen, vor allem bei Rinaldo, Graziosino und Giacinto, ihren Geliebten. Doch es kommt, wie es kommen muss, weil nicht sein kann, was nicht sein darf - auch nicht in einer Opera buffa, einer komischen Oper von Baldassare Galuppi, für die Carlo Goldoni das Libretto schrieb. Am Ende haben in "Il mondo alla roversa - Eine verkehrte Welt" die Männer selbstverständlich wieder die Oberhand und die Liebespaare singen gemeinsam: "Frauen an der Macht, das ist eine verkehrte Welt, die unvermeidlich dem Untergang geweiht ist."

In 22 komischen Opern hat das Erfolgsduo Baldassare Galuppi und Carlo Goldoni Eitelkeit und Gebrechen, Habgier und Dummheit des sogenannten hohen und niederen Standes aufs Korn genommen und der Gattung um 1750 zum Durchbruch verholfen. Neben den "drammi giocosi" hat Galuppi auch eine ganze Reihe ernster Opern komponiert, Opere serie, die für den Adel und die Fürstenhöfe gedacht waren. Insgesamt sind rund hundert Opern von ihm überliefert. Dem Dichter und Librettisten Pietro Metastasio war die Musik allerdings etwas zu eigenständig.

"Galuppi ist ein idealer Komponist für Violinen, aber er ist ein entsetzlich schlechter für Dichter. Wenn er komponiert, dann denkt er genauso wenig über die Worte nach, wie Sie über ihre Wahl zum Papst", "

schrieb Metastasio an den Kastraten Farinelli. Doch genau diese Autonomie führte zur Emanzipation der Gattung Oper, Galuppi stellte die Musik gleichberechtigt neben den Text. Dabei waren für ihn "Vaghezza, chiarezza e buona modulatione" - Anmut, Klarheit und eine gute Modulation - immer oberstes musikalisches Gebot.

Baldassare Galuppi, von seinen Zeitgenossen auch Buranello genannt - nach der Insel in der Nähe von Venedig, wo er am 18. Oktober 1706 geboren wurde - verdiente sich seine ersten Sporen als Cembalist und Arrangeur von Opern fremder Komponisten. Später bekleidete er die wichtigsten musikalischen Ämter Venedigs: Er wurde Kapellmeister im Markusdom und Chorleiter in zwei der vier großen Venezianischen Ospedali, jenen Waisenhäusern, die Mädchen eine profunde musikalische Ausbildung boten und aus denen sich später die heutigen Konservatorien entwickelten.

Der englische Musikgelehrte Charles Burney schreibt 1770 in sein "Tagebuch einer musikalischen Reise":

" "Galuppi ragt unter dem gegenwärtigen Geschlechte der Musiker in Venedig so sehr hervor, wie ein Riese unter den Zwergen."

Zwei Mal verließ Galuppi Venedig für einen längeren Zeitraum: Von 1741 bis 1743 wirkte er in London, wo er, nach Georg Friedrich Händels Scheitern als Opernkomponist, für die italienische Opera seria zuständig war. Und gute 20 Jahre später hielt er sich für drei Jahre als Hofkomponist von Katharina II. in St. Petersburg auf. Charles Burney:

"Es scheint, als wenn Signore Galuppis Genie, gleich dem des Tizian, durch das Alter noch feuriger geworden sei. Er kann itzt nicht weniger als siebenzig Jahre alt sein, und dennoch räumt jedermann ein, dass seine letzten Opern und Kirchenkompositionen mehr voll Geist, Geschmack und Einbildungskraft sind als irgendeine aus den verschiedenen Zeitpunkten seines Lebens."

Baldassare Galuppi starb am 3. Januar 1785 im Alter von 78 Jahren in Venedig - als einer der angesehensten und reichsten Musiker seiner Zeit.