Klassische Musik im Kongo

Von Tabea Schmitt · 23.09.2010
Über den Mut der kongolesischen Musiker des "Orchestre Symphonique Kimbaguiste", in einem von Armut gebeutelten Land ein klassisches Orchester aufzubauen, haben die deutschen Filmemacher Claus Wischmann und Martin Baer eine Dokumention gedreht. <papaya:link href="http://www.kinshasa-symphony.com/" text="&quot;Kinshasa Symphony&quot;" title="&quot;Kinshasa Symphony&quot;" target="_self" /> wurde mehrfach mit Filmpreisen ausgezeichnet.
Kinshasa (Hupen, Straße, Gespräche)

So klingt Kinshasa, Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo, Stadtteil Ngiri-Ngiri. Neben der Straße türmen sich Müllberge, weil es keine Müllabfuhr gibt, Abwässer versickern im Sand, weil es keine Kanalisation gibt. 90 Prozent der Kongolesen leben unterhalb der Armutsgrenze, schätzen die Vereinten Nationen. Doch wer hier um 17 Uhr in die Rue Monkoto einbiegt, der kann sein blaues Wunder erleben:

Orchesterprobe (Instrumente stimmen, Pauke)

In einer schlichten Mehrzweckhalle mit Neonröhren und Betonboden haben sich fast 200 Musiker versammelt. Wenn der Dirigent und Orchestergründer Armand Diangienda mit seinem silbernen Taktstock den Einsatz gibt, erklingen Meisterwerke der klassischen Musik:

Ausschnitt Georg Friedrich Händel: "Halleluja"

Das einzige Symphonie-Orchester Zentralafrikas gehört der kongolesischen Religionsgemeinschaft der "Kimbanguisten" an. Als Armand Diangienda das "Orchèstre Symphonique Kimbanguiste" vor 16 Jahren gründete, war an Händels "Halleluja", an Beethoven, Verdi & Co gar nicht zu denken. Es fehlte an allem, erinnert sich die Geigerin Polette Masamba:

"Am Anfang hatten wir kaum Instrumente: Gerade mal fünf Geigen für 18 Geiger! Wir mussten aufeinander warten, wir haben in Schichten geprobt. Und wenn eine Saite gerissen ist, haben wir Fahrradkabel gesucht. Die klingen zwar nicht so schön, aber wir wollten unbedingt spielen lernen ...!"

Über den Mut der kongolesischen Symphoniker und ihre Hingabe an die Musik haben die deutschen Filmemacher Claus Wischmann und Martin Baer einen Dokumentarfilm gedreht: "Kinshasa Symphony". Zur kongolesischen Filmpremiere im Juli sind sie zu den Musikern nach Kinshasa zurückgekehrt.

Da es in der Hauptstadt kein reguläres Kino gibt, findet die Premiere im Hotel "Vénus” in Gombe statt, dem abgeschirmten Botschaftsviertel. Claus Wischmann und Martin Baer sind nervös, aufgeregt, sie können kaum still sitzen. Wie werden die Musiker auf den Dokumentarfilm reagieren? "Kinshasa Symphony" ist eine Hommage an die kongolesischen Symphoniker – doch der Film zeigt auch die Armut und den Überlebenskampf in Kinshasa:

Ausschnitt Filmbeginn mit Reaktionen aus dem Publikum

Die Leinwand zeigt, wie ein Musiker in orangenem Overall auf einen Strommast klettert und die Kabel nach einem Stromausfall wieder zusammenflickt. In einer anderen Szene schieben die Symphoniker mit hochgekrempelten Hemden den Orchesterbus an, der wieder einmal liegen bleibt. - Regisseur Claus Wischmann blickt verstohlen nach rechts und links: Können die Musiker über sich selbst lachen? Erleichterung: Die Musiker amüsieren sich prächtig.

Doch als die Filmemacher eine Flötistin bei ihrer Wohnungssuche in einer ärmlichen Baracke filmen, wird es ruhig im Saal. Dass sich die alleinerziehende Mutter keine bessere Wohnung leisten kann - das hat offenbar niemand gewusst.

Und so herrscht nach 95 Minuten Filmvorführung betretenes Schweigen, bevor der Applaus losgeht. Viele Musiker haben gelacht, einige haben geweint.

Umfrage Musiker: "Wir sind gefangen von den schlechten Lebensbedingungen, es gibt keine Arbeit! Was uns Mut gibt, das ist die Musik / Wenn ich nicht zur Probe gehe, fühle ich mich unvollständig. Ich mache den Haushalt, ich arbeite ..., aber mir fehlt die Musik! Die Musik ist mein Leben. / Ich finde, dass der Film der ganzen Welt zeigt: Trotz allem, worunter wir leiden müssen, versuchen wir etwas zu machen!"

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