Kinorückblick 2017

Neun neue Lieblingsfilme

Szene aus "Wonder Woman" mit Gal Gadot in der Titelrolle
Ein weiblicher Superheld. Endlich! Schauspielerin Gal Gadot macht aus "Wonder Woman" eine richtige Bad-Ass-Figur. © Warner Bros. International
15.07.2017
Eine Frau als Superheld, ein Musical über das scheiternde Künstler, ein Drama über die brutale Verfolgung von Christen – das Kinojahr 2017 hat vielversprechend begonnen. Unsere Filmredaktion hat, nach langer Diskussion, ihre Lieblingsfilme gewählt.
Die Top 3 von Anna Wollner:
"La La Land" von Damien Chazelle
"City of Stars" aus "La La Land" ist der Ohrwurm des Jahres. Damien Chazelles Musical ist ein Film über die Kunst und das Scheitern von Künstlern auf dem Weg nach oben, eine Hommage an Los Angeles, das La La Land und gleichzeitig ein filmhistorischer Tribut an die gute alte Zeit des Musicals. Ein Film, bei dem einem gar nichts anderes übrig bleibt, als aus dem Kino zu schweben.
"Manchester by the Sea" von Kenneth Lonnergan

"Manchester by the Sea" ist ein unaufgeregter, aber nicht spannungsarmer Film. Trotz all der unausgesprochenen Gefühle, der Hilflosigkeit im Umgang mit Schuld und Trauer hat er etwas unglaublich Zärtliches und Humorvolles. Die Stärke des Films liegt – neben der Figurenzeichnung von Regisseur und Drehbuchautor Kenneth Lonnergan und der schauspielerischen Leistung von Affleck, Hedges und Williams im Alltäglichen, Authentischen – in den Momenten des kleinen Glücks und großen Unheils. Ein Film, der sich nach dem echten Leben anfühlt.

"Wonder Woman” von Patty Jenkins
Endlich ein Superheldenfilm mit einer weiblichen Hauptrolle. Und was für einer. Gal Gadot macht aus "Wonder Woman" eine richtige Bad-Ass-Figur. Eine starke Frau, die sich von Männern nichts sagen lässt, die an das Gute im Menschen glaubt und sich selbst einer größeren Sache verschreibt. Patty Jenkins tappt dabei nie in die Falle, aus "Wonder Woman" ein Objekt der Begierde zu machen.
Die Top 3 von Patrick Wellinski:
"Silence" von Martin Scorsese
Das Drama der brutalen Christenverfolgungen im Japan des 16. Jahrhunderts darf getrost zu Scorseses persönlichsten Werken zählen. Schmerz, Zweifel und Selbstverleugnung wurden lange nicht mehr so ernst und klar auf die Leinwand gebannt.
"Die Taschendiebin" von Park Chang Wook
Liebe, Tod und Teufel im von Japan besetzen Korea: Niemand inszeniert die kostümierte Begierde und Intrige so kunst- und lustvoll wie der Koreaner Park. Ein genüssliches Verwirrspiel mit einer leidenschaftlichen Liebesgeschichte, die jedem Shakespeare-Stück locker die Stirn bietet.
"Jackie" von Pablo Larrain
Das Anti-Biopic der ehemaligen Präsidentengattin Jackie Onassis-Kennedy interessiert sich weniger für historische Faktentreue und versteht sich mehr als irrlichternde Suche einer Frau nach ihrer Stellung in der Geschichte. Wie aktuell die Bilder von der Einsamkeit einer Witwe sind, haben die öffentlichen Auseindersetzungen nach dem Tode von Helmut Kohl nochmal bewiesen.

Die Top 3 von Susanne Burg:

"Elle" von Paul Verhoeven
Paul Verhoeven schafft es, europäisches Autorenkino mit amerikanischen Lässigkeit zu verknüpfen. "Elle" ist ein Film, der zwischen Thriller, Horror, Gesellschaftssatire und Familiendrama hin- und herfließt und dessen Frauenfigur, gespielt von Isabelle Huppert, verstörend unberechenbar und komplex ist.

"Moonlight" von Barry Jenkins
Wie schön, dass "Moonlight" dann doch bei den Oscars abgeräumt hat. "Moonlight" ist ein kunstvoller, ein intimer, ein poetischer Film. In drei Akten erzählt er vom Erwachsenwerden eines schwulen, schwarzen Jugendlichen in einer Sozialbausiedlung in Liberty City in Florida: Von der Schwierigkeit, in einer Umgebung der Lieblosigkeit und Gewalt ein Verhältnis zu sich selbst, zu seinem Körper zu entwickeln. Ein Film, der es dabei auch schafft, für den Zuschauer das Sehnen und die Suche und den Schmerz nachfühlbar zu machen.

"I am not your Negro" von Raoul Peck
Ein essayistischer Dokumentarfilm über James Baldwin, einen großen amerikanischen Denker, der in seinen Essays brillant den Rassismus und die gesellschaftliche Situation in den USA sezierte. Baldwins Texte und seine charismatischen Auftritte in Talkshows aus den 1960er Jahren bilden auch ein Kommentar zum heutigen Zustand der US-amerikanischen Nation. Fun fact: Barry Jenkins wird als nächstes James Baldwins Roman "Beale Street Blues" verfilmen.
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