Kinokolumne Top Five

Die fünf besten Filme mit Schlamm

Mel Gibson, Sissy Spacek, Shane Bailey und Becky Jo Lynch in "Menschen am Fluss"
Mel Gibson, Sissy Spacek, Shane Bailey und Becky Jo Lynch in "Menschen am Fluss" © imago/Cinema Publishers Collection
Von Hartwig Tegeler · 11.11.2017
Der Start von Dee Rees Film "Mudbound" auf Netflix nehmen wir zum Anlass, über Matsch als Stilmittel in Filmen nachzudenken. Hier also unsere Hitliste der besten Filme mit Schlamm.

"Wenn ich an die Farm denke, denke ich an Schlamm. An dreckverkrustete Knie und Haare," sagt Laura in Dee Rees Film "Mudbound" über ihr Leben auf einer Farm in Mississippi direkt nach Ende des Zweiten Weltkrieges. "Mudbound" ist bald auf Neflix zu sehen. Hören Sie hier dazu unser Kollegengespräch: Audio Player


Aber Matsch ist als Zeichen im Film immer wieder gegenwärtig.

Platz 5 - "12 Years a Slave" von Steve McQueen (2013)

Der Aufseher hängt Solomon so an einem Strick auf, sodass der Sklave nur überleben kann, indem er auf den Zehenspitzen balanciert. Stundenlang baumelt er, um Luft ringend. Aber auf eine kaum verständliche Weise wird dieses Bild von Grausamkeit und Brutalität intensiviert, wird noch schrecklicher, wenn wir sehen, wie Solomons Füße auf einem Boden tänzeln, der schlammig ist und immer schlammiger wird. Blut, Tränen, wahrscheinlich Urin, Kot, Schlamm. Grauenhafter Urschleim unseres Seins.
Hier ist unsere Rezension zu "12 Years a Slave".

Platz 4 - "Menschen am Fluss" von Mark Rydell (1984)

Gegen die Elemente und den Fluss und damit auch gegen den Schlamm kämpfen die Garveys - Mel Gibson und Sissy Spacek - auf ihrer kleinen Farm im Süden der USA. Heftige Regenfälle lassen ihr Land quasi in Wasser und Schlamm ertrinken. Den Kampf um ihre Heimat führen die mutigen Farmer gegen die Natur. Das ist der alte Kampf, den sie kennen. Den gegen das gierige Großkapital und die Banken, der ist neu, und den drohen sie zu verlieren. Das ist der schlimmere Morast.

Platz 3 - "Django" von Sergio Corbucci (1966)

Keine weite Prärie, sondern Staub- und Schlammwüsten. Django zieht den Sarg mit dem Maschinengewehr durch eine Endlosigkeit von Schlamm. In alten Mythen wurde der Mensch aus Schlamm geformt. Es brauchte nur noch einen Atemzug, einen Blutstropfen, um ihn lebendig werden zu lassen. Die Blutorgien, die Django im Schlamm vollzieht, lässt diesen Schöpfungsprozess wie in einer Rückblende ablaufen. Back to the roots. Untermalt von diesem Credo: "Vollkommen unwichtig, es gibt nur eins, was wichtig ist: Dass man sterben muss."

Platz 2 - "Henry V." von Kenneth Branagh (1989)

In Kenneth Branaghs Shakespeare-Verfilmung wird die Schlacht von Azincourt zwischen Briten und Franzosen im Jahr 1415 zum erschütternden Bild: Aus dem sprichwörtlichen Schlamm der Schlacht heraus, aus Blut, Gemetzel, Grauen, aus dem Barbarischen des menschlichen Krieges wird der König aufsteigen als mythisches Wesen, das seine Herrschaft konsolidiert. Das Gemetzel von Azincourt wird zu einer Metapher über den Krieg und den Menschen. Denn das Patriotische wird konterkariert durch die Soldaten, die die Erschlagenen schon ausrauben, als die Leichen noch warm sind. Dreckiger, schlammiger kann man sich wohl kein Bild vorstellen, das zeigt, wie sehr der Mensch dem Menschen ein Wolf ist.

Platz 1 - "Freaks" von Tod Browning (1932)

Szene aus dem Film "Freaks" von Tod Browning mit Minnie Woolsey und Angelo Rossitto
Szene aus dem Film "Freaks" von Tod Browning mit Minnie Woolsey und Angelo Rossitto © imago/United Archives
Am Ende schleichen die Zirkus-Freaks durch den Schlamm, um Rache an dem Mann und der Frau zu nehmen, die versuchten einen von ihnen zu ermorden. Tod Browning zeigt nicht die Missgebildeten als Monster, sondern die "normalen" Menschen mit ihrer Gier. Doch diese letzte Sequenz im Schlamm löst jenseits dieser Erkenntnis immer noch Horror aus, etwas Unberechenbares, dem wir nicht mit rationaler Kontrolle Herr werden. Die "großen Geheimnisse der Natur verbergen sich [ ... ] im Schlamm, in der faulenden Infusion, im Mist. Es ist wie eine Mahnung, daran zu denken, wer wir eigentlich sind." schrieb der Naturphilosoph Raoul France. Und dieser Schlamm bereitet uns wahrhaftig Angst: wieder dahin zu versinken, woher wir stammen.
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