Kinokolumne "Top Five"

Die besten Filme von Jonathan Demme

Filmszene aus "Das Schweigen der Lämmer"
Filmszene aus "Das Schweigen der Lämmer" von 1991 mit den Schauspielern Anthony Hopkins und Jodie Foster. © imago/United Archives
Von Anna Wollner  · 29.04.2017
Nach schwerer Krankheit ist der US-Regisseur Jonathan Demme gestorben. Der Oscarpreisträger hinterlässt ein kreatives Werk mit mehr als 60 Filmen, darunter der Thriller "Das Schweigen der Lämmer" und das Drama "Rachels Hochzeit".
"Ich bin alt, ich bin pleite, ich kann nichts anständiges Kochen, ich bin fett. Was gibt es an so einer Frau zu lieben, an einer kaputten Frau, die andere kaputt macht. Das ist es? Du denkst weil du einmal Mist gebaut hast, bekommst du keine zweite Chance?"
Eine zweite Chance – wie Meryl Streep in "Ricki – Wie Familie so ist" - hat Jonathan Demme nie gebraucht. Denn seine Filme – so unterschiedlich sie auch sind, stehen und sprechen für sich.

Platz 5: "Der Manchurian Kandidat" (2003)

Ist die Neuverfilmung des gleichnamigen Politthrillers aus dem Jahr 1962. Statt Koreakrieg ist es der Golfkrieg, statt kommunistischen Feinden ist es bei Demme das Establishment in Form kapitalistischer Unternehmer, das die größte Gefahr für den Weltfrieden darstellt.
"Manchurian Global finanziert wissenschaftliche Experimente um einen Schläfer ins Weiße Haus einzuschleusen. Wir zeigen es ihnen und präsentieren einen Kriegshelden gestählt im Gefecht in der Wüste und in der Hölle."
Mit Denzel Washington, Liev Schreiber und Meryl Streep in den Hauptrollen kreiert Demme einen atmosphärisch dichten und packenden Thriller auf der Höhe der Zeit. Die Gefahr des Terrors schwebt wie ein Damoklesschwert über dem Film – ohne jemals direkt sichtbar zu sein.
"Ich werde alles Nötige tun, um Amerika zu schützen. Vor all seinen Feinden."

So groß und Weltumfassend die Verschwörung hier ist, so klein und familiär ist sie bei:
"Der Manchurian Kandidat"
Raymond Shaw (l., Liev Schreiber) spricht mit seinem Freund Marco Bennett (r., Denzel Washington) in einer Szene des Kinofilms "Der Manchurian Kandidat".© dpa-Film Ken Regan

Platz 4: "Rachels Hochzeit" (2008)

Denn "Rachels Hochzeit" von 2008 ist ein kleines, kompaktes Familiendrama, bei dem Anne Hathaway als Kym die Hochzeit ihrer Schwester sprengt.
"Wieso ist Emma die erste Brautjungfer, warum bin ich das nicht? Weil ich mir nicht sicher war, wann du hier aufkreuzt, oder ob du überhaupt erscheinen würdest. Und ob du überhaupt Zeit für die Anprobe hast."
Kym, die Schwester der Braut Rachel, das schwarze Schaf der Familie, kommt ungeladen und unerwünscht und reißt das Fest an sich.
"Hallo, ich bin Shiva die Zerstörerin und eure Unheilsverkünderin. Ich möchte mich bei allen für ihr Erscheinen bedanken und euch willkommen heißen. Auch wenn ich die meisten von euch seit meinem letzten Einsitzen im Bunker nicht gesehen habe."
Dank Demmes Schauspielerführung bekam Anne Hathaway für ihre Rolle als Kym ihre erste Oscarnominierung. Demme selbst drehte mit Handkamera, der semidokumentarische Look mit seiner Hochzeitsvideoästhetik zeigt genau das, was weh tut: die Unausgesprochenheit der Familienkonflikte.
"Das ist meine verdammte Hochzeit. Ich will das mein Tisch perfekt ist. Sie ist deine Schwester. Also hör auf."


"Rachels Hochzeit"
Kym (Anne Hathaway, l) und Rachel (Rosemarie Dewitt, r) in dem Film "Rachels Hochzeit".© picture alliance/dpa/Foto: Sony Pictures

Platz 3: "Stop Making Sense" (1984)

Steht stellvertretend für all die wunderbaren Konzertfilme die Demme gedreht hat. "JT and the Tennesse Kids", "Neil Young – Heart of Gold" und allen voran: "Stop Making Sense von 1984".
"Hi, I got a tape I wanna Play"
Demme machte aus drei Konzertabenden der Talking Heads ein knapp eineinhalb stündiges Konzerterlebnis der besonderen Art. Ganz ohne Schnickschnack, ohne schnelle Schnitte, ohne eingeblendet, frenetisch jubelndes Publikum, ohne Interviews oder den obligatorischen Blick hinter die Kulissen. Er konzentriert sich voll und ganz auf das Geschehen auf der Bühne, nimmt die Perspektive des Zuschauers ein. Es ist Musik in Reinform, als wäre man selbst dabei gewesen.

"Stop Making Sense - Talking Heads"
Szene aus dem Film "Stop Making Sense - Talking Heads" von 1984.© imago/United Archives

Platz 2: "Philadelphia" (1993)

"Philadelphia" lässt sich schon am Titelsong erahnen. Der erste große Hollywoodfilm, der sich mit AIDS auseinandersetzt. Tom Hanks spielt Andrew Beckett, einen jungen aufstrebenden Anwalt, der an Aids erkrankt, aufgrund seiner Homosexualität entlassen wird und sich einen Anwalt sucht.
"Ich habe vor gegen Charles Wealer und PArtner wegen ungerechtfertiger Entlassung zu klagen. Sie wollen die verklagen? Genau. Ich suche einen Rechtsbeistand. Ich höre. Ich hätte eine wichtige Klageschrift verlegt. Das ist deren Version. Wollen Sie meine hören."

Der Kinostart in den USA wurde von Protesten konservativer, christlicher Gruppen begleitet. Tom Hanks hat für seine Darstellung einen Oscar bekommen. Die emotionalste Szene: Beckett hört gemeinsam mit seinem Anwalt Joe Miller die Arie La Mamma Morta, gesungen von Maria Callas.
"Philadelphia"
Die Schauspieler Tom Hanks (l) und Denzel Washington in dem Film "Philadelphia". © imago/TBM UnitedArchives
"Hören Sie das Herzeleid in ihrer Stimme? Können sie es fühlen, Joe? Aber jetzt kommen die Geigen und alles wird anders. Die Musik erfüllt sich mit Hoffnung."

Platz 1: "Das Schweigen der Lämmer" (1991)

Ist der Jonathan Demme Klassiker. Fünf Oscars in den Königskategorien Bester Film, bestes Drehbuch, beste Regie, beste Schauspieler. Und ein Zitat für die Ewigkeit.
"Einer dieser Meinungsforscher wollte mich testen. Ich genoss seine Leber mit ein paar Fava Bohnen, dazu einen ausgezeichneten Chianti."
"Das Schweigen der Lämmer" von 1991 ist ein grandioses Schauspielerduell. Anthony Hopkins gegen Jodie Foster. Der Psychiater und Kannibale Hanibal Lector gegen die junge, unerfahrene FBI-Anwärterin Clarice Starling. Schon ihr erstes Aufeinandertreffen in seiner Zelle ist ein Schlagabtausch.
"Die meisten Serienopfer behalten eine Trophäe ihrer Opfer. Tat ich nie. Nein, sie haben ihre gegessen."
"Das Schweigen der Lämmer"
Anthony Heald (l) als Dr. Frederick Chilton und Anthony Hopkins (r) als hochintelligenter Psychopath Dr. Hannibal Lecter in dem Film "Das Schweigen der Lämmer" nach einem Roman von Thomas Harris.© picture alliance/dpa/Foto: eve goldschmidt
"Das Schweigen der Lämmer" ist der Film, mit dem sich Jonathan Demme unsterblich gemacht hat.
"Zu gern würde ich mit Ihnen noch plaudern, aber ich habe ein Festessen mit einem alten Freund."
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